Frankfurt

Gericht: Twitter muss löschen

Der Antisemitismusbeauftragte für Baden-Württemberg, Michael Blume, will erreichen, dass Twitter Verleumdungen gegen ihn umgehend von der Plattform entfernt. Foto: picture alliance/dpa

Erfolg für Michael Blume: Das Landgericht Frankfurt hat am Mittwoch auf Antrag des Antisemitismusbeauftragten des Landes Baden-Württemberg eine einstweilige Verfügung erlassen, wonach Twitter »falsche oder ehrverletzende Tweets« gegen Blume löschen muss.

Auch sinngemäße gleiche Kommentare muss Twitter entfernen, sobald es von der konkreten Persönlichkeitsrechtsverletzung Kenntnis erlangt, so die Richter.

Im September 2022 erschienen laut Gericht auf dem sozialen Netzwerk diverse Kommentare, unter anderem auf dem Account des israelischen Journalisten Benjamin Weinthal (Jerusalem Post, Fox News), in denen behauptet wurde, Blume habe »eine Nähe zur Pädophilie« und »einen Seitensprung gemacht«. Weinthals Account wurde zwischenzeitlich von Twitter gesperrt.

Außerdem wurde laut Gericht über Blume verbreitet, er sei in »antisemitische Skandale« verstrickt und er sei »Teil eines antisemitischen Packs«.

MEINUNGSBILDUNG Die zuständige Pressekammer des Landgerichts Frankfurt am Main stellte in dem Eilverfahren fest, dass diese ehrenrührigen Behauptungen unwahr sind. Die Bezeichnung Blumes als »Antisemit« sei zwar zunächst eine Meinungsäußerung. Sie sei aber jedenfalls in dem gewählten Kontext rechtswidrig, da sie nicht zur öffentlichen Meinungsbildung beitrage und erkennbar darauf abziele, in emotionalisierender Form Stimmung gegen den Antisemitismusbeauftragten zu machen.

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Nachdem Blume die Entfernung dieser Kommentare verlangt hat, hätte Twitter ihre Verbreitung unverzüglich unterlassen und einstellen müssen, fand das Gericht. Darüber hinaus entschied die Kammer: »Das Unterlassungsgebot greift nicht nur dann, wenn eine Äußerung wortgleich wiederholt wird, sondern auch, wenn die darin enthaltenen Mitteilungen sinngemäß erneut veröffentlicht werden.«

Damit würden die Äußerungen zwar nicht in jeglichem Kontext untersagt, sondern nur solche, die als gleichwertig anzusehen seien und die trotz gewisser Abweichungen einen identischen Äußerungskern aufwiesen.

PRÜFPFLICHT Twitter werde damit auch keine allgemeine Monitoring-Pflicht im Hinblick auf seine Nutzer auferlegt. Eine Prüfpflicht bestehe nur hinsichtlich der konkret beanstandeten Persönlichkeitsrechtsverletzung.

»Das deutsche Recht mutet jedem Verpflichteten eines Unterlassungsgebots zu, selbst festzustellen, ob in einer Abwandlung das Charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck kommt und damit kerngleich ist. Twitter befindet sich damit in keiner anderen Situation, als wenn eine bestimmte Rechtsverletzung gemeldet wird. Auch in diesem Fall muss Twitter prüfen, ob diese Rechtsverletzung eine Löschung bedingt oder nicht«, erklärte die Richterin in der Urteilsbegründung.

Als zulässig erachtete die Kammer indes die Äußerung eines Nutzers, wonach der Antisemitismusbeauftragte des Landes Baden-Württemberg in die jährlich vom Wiesenthal-Zentrum in Los Angeles veröffentlichte Liste der größten Antisemiten weltweit aufgenommen worden ist.

Unabhängig davon, ob die Aufnahme in diese Liste gerechtfertigt sei, dürfe darüber informiert werden. Dagegen müsse sich der baden-württembergische Antisemitismusbeauftragte im öffentlichen Meinungskampf zur Wehr setzen. mth

AZ 2-03 O 325/22

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