Niedersachsen

Gedenken in Bergen-Belsen

Für uns, die wir aus den tiefsten Tiefen der Hölle kamen, war es eine Wiedergeburt», erinnerte Ariel Yahalomi an den 15. April 1945, als britische Truppen das Konzentrationslager Bergen-Belsen befreit hatten. Yahalomi, Jahrgang 1923, ist einer von rund 100 Überlebenden aus aller Welt, die gemeinsam mit Politikern und weiteren Gästen am Sonntag der Befreiung des Konzentrationslagers vor 70 Jahren gedachten. In Bergen-Belsen wurden mehr als 52.000 KZ-Häftlinge und rund 20.000 Kriegsgefangene ermordet oder starben an Hunger, Durst, Krankheiten und den Folgen der Haft.

Bei der Gedenkfeier in Bergen-Belsen rief Bundespräsident Joachim Gauck dazu auf, die Verbrechen der Deutschen in der NS-Zeit nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Zugleich gelte es, Lehren für die Gegenwart zu ziehen. «Wir müssen den Blick auf Geschehendes richten. Das ist unsere Lehre aus der Vergangenheit», sagte Gauck. «Wo wir nur können, werden wir Unrecht ein Ende setzen.»

auftrag Gauck unterstrich: «Wir bekennen uns heute zu dem Auftrag, die Verbrechen nicht zu leugnen und zu relativieren und die Erinnerung an die Opfer wachzuhalten.» An die Opfer zu denken, bedeute, ihren Auftrag an Nachgeborene anzunehmen, sagte das Staatsoberhaupt: «Bewahrt und schützt die Würde und das Leben des Menschen.»

Der Bundespräsident dankte dem britischen Militär für die Befreiung des Konzentrationslagers: «Die britischen Soldaten waren Botschafter einer demokratischen Kultur, die nicht auf Rache am Feind bedacht war, sondern dem Recht und der Menschenwürde auch in Deutschland wieder zu neuer Geltung verhelfen sollte», sagte Gauck. Es sei ihm ein tief empfundenes Bedürfnis, den Befreiern von Herzen Dank zu sagen.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) nannte Bergen-Belsen eine Wunde, die sich niemals schließen wird. «Dass Menschen niemals wieder wegen ihrer Rasse, ihrer Herkunft, ihrer politischen Auffassung, ihres Glaubens oder ihrer sozialen Lage wegen verfolgt und getötet werden dürfen – das muss der niemals endende Auftrag aus Bergen-Belsen sein.»

Der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ronald S. Lauder, beklagte ein Wiederaufleben des Judenhasses in Europa. «Im Jahr 2015 sehen wir den Antisemitismus auf dem Vormarsch in Europa», sagte er. «Heute, 70 Jahre nachdem dieses Lager befreit wurde, hören wir dieselben antisemitischen Lügen.»

kranzniederlegung An die etwa zweistündige zentrale Gedenkfeier am Obelisken und die Kranzniederlegung an der Inschriftenwand schloss sich eine Zeremonie am jüdischen Mahnmal in Anwesenheit von Soldaten und jüdischen Veteranen der britischen Armee an. Das Mahnmal war am ersten Jahrestag der Befreiung im April 1946 eingeweiht worden. Es trägt die Botschaft: «Earth Conceal Not The Blood Shed On Thee!» («Erde, verdecke nicht das Blut, das auf dir vergossen wurde!»)

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, sprach von einem doppelten Appell, der auf dem Mahnmal verewigt wurde: «Vergesst nicht die Toten! Und: Zieht die Täter zur Rechenschaft! Lasst sie nicht davonkommen, auch wenn die Spuren verwischen.» Schuster betonte, viel zu viele Täter seien ungeschoren davongekommen: «Wir wissen, wie unwillig die deutsche Nachkriegsgesellschaft war, sich ihrer Schuld zu stellen.» Heute werde mühsam versucht, doch noch Täter zur Rechenschaft zu ziehen: «Diese schrecklichen Verbrechen zu ahnden, sind wir den Opfern schuldig.»

Mit dem gemeinsam gesprochenen Kaddisch endete die Zeremonie. Ariel Yahalomi war sichtlich bewegt, als die am jüdischen Mahnmal Versammelten zum Schluss die Hatikwa, die israelische Nationalhymne, anstimmten. Kurz nach der Befreiung vor 70 Jahren hatte er sich nach Palästina durchgeschlagen. Heute lebt er mit seiner Frau Keren in der israelischen Kleinstadt Lod. Von dort war er zur Gedenkfeier angereist. Die Teilnahme sei für ihn eine Selbstverständlichkeit, sagte er: «Wir empfinden es als unsere Pflicht den nachfolgenden Generationen gegenüber, hier vor den möglichen Gefahren von Regimen und einigen ihrer Ideen zu warnen.» (mit epd)

USA

Wer Jude ist, bestimmt nun er

Donald Trump wird immer mehr wie der berühmt-berüchtigte Wiener Bürgermeister Karl Lueger

von Michael Thaidigsmann  16.03.2025 Aktualisiert

Analyse

Die Umdeutler

Die AfD will die deutsche Geschichte verfälschen. Künftig kann sie ihr Ziel noch konsequenter verfolgen

von Sebastian Beer  16.03.2025

In eigener Sache

Warum es uns besonders wichtig ist, mit einer Sonderausgabe an Kfir, Ariel und Shiri Bibas zu erinnern

Ein Editorial von JA-Chefredakteur Philipp Peyman Engel

von Philipp Peyman Engel  16.03.2025 Aktualisiert

Berlin

Joschka Fischer nennt mögliche Verhaftung Netanjahus »absurd«

Der frühere Außenminister stimmt CDU-Chef Friedrich Merz zu: Der israelische Ministerpräsident müsse Deutschland unbehelligt besuchen können

von Imanuel Marcus  16.03.2025

Berlin

Staatsanwaltschaft: Deutlich mehr antisemitische Straftaten

Im vergangenen Jahr wurden 756 Fälle registriert

 16.03.2025

Brüssel

Früherer EJC-Chef Kantor von EU-Sanktionsliste gestrichen

Die Streichung des russisch-britischen Geschäftsmanns erfolgte offenbar auf Druck der ungarischen Regierung

 14.03.2025

New York

Im Trump Tower: Demo gegen Abschiebung eines Israelfeindes

Die USA wollen einen israelfeindlichen Aktivisten abschieben. Noch gab es kein Gerichtsverfahren, das Weiße Haus sieht sich im Recht. Jetzt gab es Protest – an einem symbolträchtigen Ort

 14.03.2025

Solidarität

»Wir haben Potter als einen mutigen Journalisten kennengelernt«

Der Journalist Nicholas Potter ist seit Wochen das Ziel einer Rufmordkampagne, initiiert von einem dubiosen Propaganda-Portal und befeuert von antiisraelischen Aktivisten. Jetzt äußert sich der Zentralrat der Juden

von Nils Kottmann  14.03.2025 Aktualisiert

Sachsen-Anhalt

Polizei verhindert möglichen Anschlag auf Synagoge Halle

Der Tatverdächtige soll bereits eine Waffe besorgt und im Internet mit seinem Plan geprahlt haben

 13.03.2025 Aktualisiert