Berlin

Gauland provoziert mit Aussagen zum 8. Mai

Der AfD-Politiker Alexander Gauland sieht den 8. Mai 1945 auch als einen »Tag der Niederlage« für Deutschland an. Foto: dpa

Mit seinen Aussagen zum 8. Mai hat der Vorsitzende der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag, Alexander Gauland, am Mittwoch eine Welle der Empörung ausgelöst.

Gefragt, was er von dem Vorschlag halte, den Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs zu einem Feiertag zu erklären, sagte der 79-Jährige dem Redaktions-Netzwerk Deutschland (RND): »Man kann den 8. Mai nicht zum Glückstag für Deutschland machen. Für die KZ-Insassen ist er ein Tag der Befreiung gewesen. Aber es war auch ein Tag der absoluten Niederlage, ein Tag des Verlustes von großen Teilen Deutschlands und des Verlustes von Gestaltungsmöglichkeit.«

Es gebe zwar auch Positives am 8. Mai, so Gauland, doch das Datum sei ihm zu »ambivalent«, um es zu feiern, so der AfD-Politiker. Die »in Berlin vergewaltigten Frauen werden das ganz anders sehen als der KZ-Insasse«, sagte er.

ZENTRALRAT Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, sagte der »Neuen Osnabrücker Zeitung«, Gaulands Äußerung zeige, wes Geistes Kind der Politiker sei. Ähnliche Betrachtungen fänden sich häufig bei Neonazis, die die Deutschen als Opfer des Krieges hinstellen wollten, so Schuster.

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil schrieb auf Twitter: »Gauland beklagt den Verlust von Gestaltungsmöglichkeiten durch das Ende der Nazi-Diktatur. Eine der wichtigsten Aufgaben von uns Demokraten heute ist, dass Leute wie er nie wieder Gestaltungsmöglichkeiten in unserem Land bekommen.«

Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Marco Wanderwitz (CDU), erklärte gegenüber dem RND: »Ich kann nicht verstehen, wie man den Tag des Endes des von Hitlerdeutschland entfesselten furchtbaren Krieges als Niederlage bezeichnen kann. Er war eine Befreiung für Deutschland und die Welt.«

Auch der Grünen-Politiker Cem Özdemir schlug in dieselbe Kerbe: »Der 8. Mai 1945 steht für das Ende des 2. Weltkriegs, den Sieg über den Naziterror & die Befreiung der deutschen Konzentrationslager. Wer hierin eine »absolute Niederlage« sieht, steht auf der falschen Seite der Barrikade«, twitterte er.

BRIEF Zuvor hatte die Vorsitzende des Auschwitz-Komitees Deutschland und Überlebende der Schoa, Esther Bejarano, in einem offenen Brief an Bundespräsident Steinmeier und an Bundeskanzlerin Merkel angeregt, den 8. Mai zu einem nationalen Feiertag zu machen. Das Datum ist in diesem Jahr ein einmaliger gesetzlicher Feiertag, allerdings nur in Berlin.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Trotz der Kritik an Gaulands Äußerungen verteidigte die AfD ihren Fraktionsvorsitzenden. Ein Sprecher sagte dem »Tagesspiegel«, dass der 8. Mai ambivalent gesehen werde, sei »auch die Position der Partei«. Der Tag stehe nicht nur für das Ende der Herrschaft der Nationalsozialisten, sondern auch für den Verlust eines Teils des deutschen Staatsgebiets und für »massive Verbrechen an der deutschen Zivilbevölkerung«.

Vor knapp zwei Jahren hatte Alexander Gauland bereits einmal mit geschichtspolitischen Äußerungen für Schlagzeilen gesorgt: Damals sagte er in einer Rede, die NS-Zeit sei »nur ein Vogelschiss« in 1000 Jahren deutscher Geschichte gewesen. mth

Senat

Mehrere Berliner Abgeordnete verlassen Linkspartei

Wegen eines Antisemitismus-Streits kehren einige Politiker der Linkspartei den Rücken - auch der ehemalige Senator Klaus Lederer

 23.10.2024

Straßburg

Alle Klarheiten beseitigt

Der Streit über EU-Gelder für die Palästinenser und die UNRWA entzweit das Europäische Parlament

von Michael Thaidigsmann  23.10.2024

USA/Israel

FBI übernimmt Ermittlungen nach Geheimdienstleck

Dokumente über Israels Vorbereitungen für einen Angriff gegen den Iran gelangten an die Öffentlichkeit. Wer steckt dahinter?

 23.10.2024

Washington D.C.

Trump wollte »Militärs wie Hitlers Generäle«

Sein ehemaliger Stabschef John Kelly erinnert sich an höchst problematische Aussagen

 23.10.2024

Herta Müller

»Das Wort ›Märtyrer‹ verachtet das Leben schlechthin«

Die Literaturnobelpreisträgerin wurde mit dem Arik-Brauer-Publizistikpreis ausgezeichnet. Wir dokumentieren ihre Dankesrede

von Herta Müller  23.10.2024

Dokumentation

»Eine Welt ohne Herta Müllers kompromisslose Literatur ist unvorstellbar«

Herta Müller ist mit dem Arik-Brauer-Publizistikpreis ausgezeichnet worden. Lesen Sie hier die Laudatio von Josef Joffe

von Josef Joffe  23.10.2024

Antisemitismus

Auch in Halle Stolpersteine gestohlen

In Halle wurden ebenfalls Stolpersteine aus dem Boden gebrochen

 22.10.2024

USA

Israelfeindliche Gruppen an Unis werden immer radikaler

Auch an der Columbia University ist die Situation alarmierend

von Imanuel Marcus  22.10.2024

Umfrage

Grüne am ehesten für Waffenexporte nach Israel

Die Mehrheit der Deutschen lehnt Waffenlieferungen an den jüdischen Staat jedoch ab

 22.10.2024