Reaktion

Friedrich Merz und die Kampfansage an die AfD

Friedrich Merz, CDU-Bundesvorsitzender und Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU Fraktion Foto: picture alliance/dpa

Die CDU zieht mit einer Kampfansage an die AfD ins wichtige Wahljahr 2024 und will mit einem erneuerten Programm wieder Regierungspartei werden. Der Vorsitzende Friedrich Merz sagte nach einer Vorstandsklausur am Samstag in Heidelberg: »Wir werden in diese Wahlen gehen mit einer sehr klaren, sehr harten Auseinandersetzung insbesondere gegen die AfD.« Er rief auch SPD, Grüne und FDP dazu auf, den »politischen Meinungskampf« gegen die AfD zu intensivieren. Merz grenzte die CDU zugleich scharf gegen die konservative Gruppe der Werteunion und jegliche Verbindungen zu einem Treffen rechter Aktivisten in Potsdam ab. Der Ampel-Koalition warf die CDU vor, mit einem massiven Vertrauensverlust radikale Kräfte zu stärken.

Angesichts der aufgewühlten Stimmung und hoher Umfragewerte der AfD ist der CDU die Brisanz des Wahljahres bewusst - erst am 9. Juni die bundesweite Europawahl und dann im September die drei Landtagswahlen in Brandenburg, Thüringen und Sachsen. »Alle demokratischen Parteien der politischen Mitte haben die Aufgabe, sich mit dieser Partei jetzt sehr hart auseinanderzusetzen«, sagte Merz mit Blick auf die AfD. Das sei kein spezifisch ostdeutsches, sondern ein gesamtdeutsches Thema.

Stellen will die CDU die AfD etwa in der Europapolitik, bei ihrer Nähe zu Russland und Wirtschaftsthemen. Er höre, viele Mittelständler und Handwerker hätten Sympathien für die AfD, sagte Merz. Denen werde man sagen: »Schaut bitte genau hin, wen Ihr da möglicherweise wählt. Das ist keine Partei, die dieses Land wirtschaftlich voranbringt.« Merz machte auch gleich deutlich, dass die drei Ost-Wahlen die Präsenz der ganzen Bundes-CDU erforderten. Er wolle sich nicht den Vorwurf machen, möglicherweise zu wenig getan zu haben, wenn man jetzige Umfragewerte als Wahlergebnis sehe. Die CDU werde »mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, in diese Wahlkämpfe gehen«.

Das Treffen rechter Aktivisten in Potsdam, das durch einen Bericht des Medienhauses Correctiv bekannt wurde, war auch Thema bei der CDU und bestärkte sie in ihrer Linie für 2024. »Menschenverachtend« und »gruselig« nannten es CDU-Vorständler in Heidelberg. Merz betonte, man werde es nicht dulden, dass CDU-Mitglieder sich in irgendeiner Weise mit solchen Leuten zusammentun. Parallel zur Klausur kam die Nachricht, dass ein Kreisverband ein Ausschlussverfahren gegen ein CDU-Mitglied eingeleitet hat, das in Potsdam teilgenommen haben soll.

Eine rote Linie markierte Merz auch in Richtung der Werteunion um den früheren Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen, gegen den ein CDU-Ausschlussverfahren läuft. Der konservative Verein will wohl am 20. Januar über eine Parteigründung entscheiden. Sollte es so kommen, wäre eine gleichzeitige CDU-Mitgliedschaft ohnehin unvereinbar, wie Merz erläuterte. Falls nicht, kündigte Merz an, einen entsprechenden Unvereinbarkeitsbeschluss beim Parteitag im Mai herbeizuführen. »Es gibt keinen Grund mehr, sich außerhalb der regulären Strukturen der CDU für die CDU zu engagieren.«

Fest macht Merz das auch am neuen Grundsatzprogramm. In Heidelberg beschloss der Vorstand einstimmig einen Entwurf, der beim Parteitag als Leitantrag verabschiedet werden soll. Die Erneuerung hatte die CDU nach dem Machtverlust bei der Wahl 2021 angestoßen. Das aktuelle Programm ist noch von 2007. Das neue soll die CDU nach innen frisch motivieren und überhaupt deutlich machen, dass man aus Versäumnissen in der Kanzlerschaft Angela Merkels (CDU) gelernt hat. Zeigen soll sich das etwa in einem restriktiveren Migrationskurs oder der Formel: »Wir können zurzeit nicht auf die Option Kernkraft verzichten.«

Zwar gilt die CDU eher nicht als Programmpartei. Merz schwärmte aber: »Dieses Programm atmet den Geist von Freiheit, Sicherheit, Aufbruch und Zusammenhalt.« Über einige Punkte sei in Heidelberg diskutiert worden, auch den Satz: »Muslime, die unsere Werte teilen, gehören zu Deutschland.« An dieser Formulierung habe es »ein bisschen Kritik gegeben«. Der Satz stehe zwar unverändert im Entwurf. Es werde aber auf dem Parteitag eine Debatte geben, und man erhoffe sich, »dass wir uns dazu noch mal eine bessere Formulierung einfallen lassen«. Dabei solle die Grundbotschaft bleiben, »ohne damit jemanden zu verletzen«.

Neu in den Entwurf kam der Satz: »Aktive Sterbehilfe lehnen wir ab.« Etwas anders formuliert die CDU nun, dass sie an der »rechtlichen Unterscheidung der beiden biologischen Geschlechter« festhalte und intersexuelle und transsexuelle Menschen »besser unterstützen« wolle.

Die Umfragewerte der Union von aktuell gut 30 Prozent halten viele für eine gute Basis, die bei der großen Unzufriedenheit mit der Ampel aber noch ausbaufähig sein sollte. Nicht ganz leicht ist es für die CDU auch, realistische Optionen für Koalitionspartner erkennbar zu machen. Die müssten wohl aus dem attackierten Ampel-Lager kommen. Laut einer »Heidelberger Erklärung«, die der Vorstand beschloss, will die CDU aber auch Ampel-Projekte wie die Bürgergeld-Reform oder das Gesetz für Heizungen mit erneuerbaren Energie wieder zurückdrehen.

Dabei erfordert die jetzige Rolle als größte Oppositionspartei auch eine Balance: Kritik an der Ampel, aber zugleich Sorgsamkeit im Ton, um damit nicht nur allgemeinen Frust zu befeuern. »Man muss immer auch konstruktiv sein«, meinte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). Merz signalisierte erneut Bereitschaft zur Zusammenarbeit, was die Ampel mit ihrem Umgang aber außergewöhnlich schwer mache. Thüringens CDU-Chef Mario Voigt kritisierte: »Die Ampel in Berlin wirkt als Brandbeschleuniger für den Protest und für die Sorgen der Menschen.« Umso wichtiger sei ein klarer Kurs der CDU.

Eine Bewährungsprobe für Merz wird auch noch, die Kanzlerkandidatur so zu regeln, dass es keine Beschädigungen gibt wie vor der Wahl 2021 zwischen seinem Vorgänger Armin Laschet und CSU-Chef Markus Söder. Der Bayer sprach Merz gerade erst die »derzeitige Favoritenrolle« zu. Doch die Landtagswahlen, bei denen die CSU ja nicht antritt, können für Merz noch Unwägbarkeiten bringen. Auf Spekulationen zur K-Frage ließ er sich nach der Klausur nicht ein und wiederholte nur die Verabredung, die Nominierung werde im Spätsommer 2024 vorgenommen.

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