USA-Israel

Frieden ohne Plan

Foto: dpa

Viel ist in beiden Ländern nach dem ersten Treffen zwischen dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu und US-Präsident Donald Trump geschrieben worden. Am Wochenbeginn fasste Netanjahu in einem Wort zusammen, was er von der Zusammenkunft hält: »historisch«.

Die Verbindung zwischen Israel und den USA sei immer fest gewesen, doch nun noch stärker. Dies habe zwei Gründe, erläuterte er vor seinem Kabinett: Zuerst sei es die persönliche Beziehung zwischen ihm und Trump, die seit vielen Jahren bestehe.

Noch bedeutender sei die Tatsache, »dass er und ich dieselben Ansichten zu den Gefahren und Möglichkeiten in Nahost haben«. Am Ende des Treffens habe der Präsident seine Hand geschüttelt, erzählte Netanjahu, und ihm zugeraunt, dass ein neuer Tag angebrochen sei. »Tatsächlich ist ein neuer Tag da. Und es ist ein guter Tag.«

kritik Viele jüdische Gruppen in den USA indes sehen das anders. Nach dem Anstieg antisemitischer Anschläge und Drohungen gegen jüdische Einrichtungen warten sie lange auf eine klare Aussage gegen Antisemitismus von Trump. Doch der hüllte sich bislang diesbezüglich größtenteils in Schweigen, maßregelte einen ultraorthodoxen Reporter, der auf einer Pressekonferenz eine angemessene Frage zu den Vorkommnissen stellte, und gibt sich, falls er etwas dazu äußert, missverständlich und vage.

Zumindest auf israelischer Regierungsseite schien das dem Enthusiasmus keinen Abbruch zu tun. Trump und Netanjahu brachten ihr erstes Treffen mit jeder Menge gegenseitiger Freundschaftsbekundungen hinter sich. Das unterstrich Netanjahu mit den Worten: »Israel hat keinen besseren Verbündeten als die USA, und die USA haben keinen besseren Verbündeten als Israel.« Trump erwiderte, die Beziehung »zu unserem hochgeschätzten Verbündeten ist unzerbrechlich«.

familie Die Visite erinnerte an ein Familientreffen, bei dem Trump der Ehefrau des Gastes Komplimente machte, seine jüdische Tochter samt Schwiegersohn Jared Kushner und Enkelkindern begrüßte und Netanjahu lachend anmerkte, dass auch er Kushner von Kindesbeinen an kenne.

Dem Frieden seien beide verpflichtet, betonten Trump und Netanjahu mehrfach. Eine Zweistaatenlösung für den Konflikt zwischen den Palästinensern und den Israelis allerdings steht nicht mehr auf der Agenda der USA. Bei der Pressekonferenz im Weißen Haus sagte Trump dazu: »Ich schaue mir zwei Staaten an und einen Staat, und ich mag die Lösung, die beide Parteien mögen. Die USA werden zu einem Frieden ermutigen und zu einem wirklich großartigen Friedensabkommen.« Das sei ihm persönlich wichtig. Allerdings müssten die Parteien dieses selbst aushandeln.

Trump versicherte auch, dass er den Iran davon abhalten werde, Atomwaffen herzustellen. Das Abkommen zwischen dem Regime in Teheran und den Weltmächten nannte er das schlimmste, das er je gesehen habe. »Meine Administration hat neue Sanktionen verhängt, und ich werde noch mehr tun, um den Iran daran zu hindern, jemals eine Atombombe zu entwickeln.«

Doch der US-Präsident hatte auch Warnungen für Israel parat – wenngleich mit einem Grinsen vorgetragen. An Netanjahu gewandt sagte er: »Ich hätte gern, dass Sie sich mit den Siedlungen für eine kleine Weile zurückhalten.« Beide Seiten müssten Kompromisse eingehen, die Israelis eine gewisse Flexibilität zeigen und die Palästinenser von Aufwiegelung Abstand nehmen und Israel anerkennen. Netanjahu erwiderte, dass die jüdischen Siedlungen auf palästinensischem Land nicht das Kernstück des Konfliktes seien.

friedensinitiative Man habe zudem eine regionale Friedensinitiative erörtert, die arabische Staaten einschließe, ließ Netanjahu die Reporter wissen. Dass genau das ein Jahr zuvor mit der damaligen US-Regierung diskutiert worden war, wusste Trump an diesem Tag sicher nicht. Netanjahu aber war genau im Bilde: Im Februar 2016 hatte er sich im jordanischen Akaba mit arabischen Staatsoberhäuptern und US-Außenminister John Kerry getroffen, um über ein Abkommen mit den Palästinensern zu sprechen. Das berichtete »Haaretz« am Sonntag, Netanjahu selbst bestätigte es anschließend.

Um die regionale Friedensinitiative zu starten, waren damals auch Ägyptens Präsident al-Sisi und Jordaniens König Abdullah angereist. Die USA hatten monatelang für dieses Treffen gearbeitet. Oppositionsführer Isaac Herzog bestätigte, dass auch er in Verhandlungen über eine Einheitsregierung im Rahmen dieser Friedensinitiative stand. Doch Netanjahu habe nach Druck aus seiner Koalition einen Rückzieher gemacht. »Das ist der Grund, weshalb der historische Deal nicht zustande kam.«

Meinung

98-mal Hoffnung

Melody Sucharewicz sieht die Hamas entschieden geschwächt und bangt mit ganz Israel um die Geiseln in Gaza

von Melody Sucharewicz  15.01.2025

Würdigung

Argentiniens Präsident Milei erhält »jüdischen Nobelpreis«

Der ultraliberale Staatschef gilt als enger Verbündeter Israels und hat großes Interesse am Judentum. Das Preisgeld in Höhe von einer Million Dollar will er für den Kampf gegen Antisemitismus spenden

von Denis Düttmann  14.01.2025

Berlin

Vereinigung fordert Ausschluss der AfD bei Holocaust-Gedenken

Die demokratische Einladungspraxis, alle im Parlament vertretenen Parteien einzubeziehen, sei für die NS-Opfer und ihre Nachkommen und für viele demokratische Bürger nicht mehr tragbar

 14.01.2025

New York

46 Prozent aller Erwachsenen auf der Welt haben antisemitische Ansichten

Die Anti-Defamation League hat 58.000 Menschen in 103 Ländern befragt

 14.01.2025

NRW

NRW-Leitlinien für zeitgemäßes Bild des Judentums in der Schule

Mit Büchern gegen Antisemitismus: NRW-Bildungsministerin Feller hat zwölf Leitlinien für die Darstellung des Judentums in der Schule vorgestellt. Denn Bildungsmedien seien ein Schlüssel zur Vermittlung von Werten

von Raphael Schlimbach  14.01.2025

Faktencheck

Hitler war kein Kommunist

AfD-Chefin Weidel bezeichnet den nationalsozialistischen Diktator als »Kommunisten«. Diese These wird von wissenschaftlicher Seite abgelehnt

 14.01.2025

Berlin

Wegen Gaza-Krieg: Syrer beschädigt erneut Gebäude im Regierungsviertel

Erst das Innenministerium, dann der Amtssitz des Bundeskanzlers: Zweimal binnen weniger Tage fasst die Polizei in Berlin einen Mann, der wegen des Gaza-Kriegs wütet

 14.01.2025

Studie

Frauen und jüdischer Widerstand bei Schulnamen unterrepräsentiert

Welche Persönlichkeiten prägen die Namen deutscher Schulen? Eine Studie zeigt: Pädagogen spielen eine große Rolle. Frauen und Juden eher weniger

 14.01.2025

Debatte

»Zur freien Rede gehört auch, die Argumente zu hören, die man für falsch hält«

In einem Meinungsstück in der »Welt« machte Elon Musk Wahlwerbung für die AfD. Jetzt meldet sich der Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner zu Wort

von Anna Ringle  13.01.2025