Berlin

»Friede sei mit Ihnen«

Zumindest eine Hand ist bereit: Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in der Konrad-Adenauer-Stiftung Berlin Foto: dpa

Zu einem dreitägigen Besuch – die Palästinensische Mission in Berlin wertete es sogar als »Staatsbesuch« – hielt sich der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, in der vergangenen Woche in Deutschland auf. Am Donnerstagabend landete er in Berlin und fuhr direkt vom Flughafen zum Vortrag in die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) im Berliner Tiergarten.

Noch bevor er am nächsten Tag mit Kanzlerin Angela Merkel, Außenminister Sigmar Gabriel und Bundestagspräsident Norbert Lammert zusammentraf, sprach er auf Einladung der CDU-nahen Stiftung über »Die Zukunft der Zweistaatenlösung«. Abbas wurde vom KAS-Vorsitzenden Hans-Gert Pöttering als Staatsmann, »der entschieden für den Ausgleich wirbt«, freundlich begrüßt.

besatzung Der 81-jährige Gast rief seinen Zuhörern »Friede sei mit Ihnen« zu und führte dann im halbstündigen Vortrag mit anschließendem Podiumsgespräch »die palästinensische Sicht der aktuellen Entwicklungen« aus: Das grundsätzliche Problem der Region sei die israelische Besatzung, die Zweistaatenlösung der einzig richtige Weg. Abbas forderte Israel auf, den Bau von Siedlungen zu stoppen. Von der Bundesrepublik wünsche er sich eine aktivere politische Rolle im Nahostkonflikt.

Mehrfach sprach sich Abbas gegen Terror und Gewalt aus, »in all ihren Formen, und wer immer diese auch ausübt«. Er verurteile terroristische Anschläge in London, Berlin, Paris, Brüssel. Und egal, wo Gewalt und Terrorismus geschehe, welche Quellen oder Formen dieser habe: »Wir sind dagegen!« Das sei kein Geheimnis, fügte er hinzu: »Das sagen wir zu jeder Gelegenheit. Das sage ich ganz offen auf internationaler Ebene.«

Wer wollte, konnte diese feine Unterscheidung heraushören: Denn was auf »internationaler Ebene« gesagt wird, ist in entscheidenden Punkten etwas anderes als das, was man dem heimischen Publikum mitteilt. Mahmud Abbas, der palästinensische Terroristen als »Märtyrer« und »Helden« bezeichnet, erklärte etwa im September 2015 zu Beginn einer Welle von Attentaten mit Fahrzeugen, Messern und Schusswaffen auf israelische Zivilisten und Soldaten: »Wir begrüßen jeden Tropfen Blut, der für Jerusalem vergossen wurde.«

terroristen Dass die Autonomiebehörde Familien von in Israel inhaftierten Terroristen mit Geldzahlungen unterstützt, hat selbst die Bundesregierung bestätigt. Die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Maria Böhmer, teilte im September 2016 in einer Antwort auf eine Anfrage des Grünen-Politikers Volker Beck mit, dass auch »Angehörige von Attentätern« Zahlungen erhalten. Sie forderte zugleich die Autonomiebehörde auf, alles zu unternehmen, »um gegen Anstachelung zu Gewalt vorzugehen, ihre Bemühungen im Kampf gegen den Terrorismus zu verstärken«.

Wer Abbas bei seiner Rede in der KAS hörte, konnte annehmen, dass es derartiger Aufforderungen nicht bedarf. Denn von palästinensischer Seite sei die Hand weiterhin für den Frieden ausgestreckt, man sei offen für den positiven Austausch, gelobte Abbas. »Ich persönlich war der Erste, der die Tür des Dialogs mit den Israelis seit den 70er-Jahren aufgestoßen hat.« Er treffe sich mit Israelis und »allen Führern der Juden in der Welt«, um über Frieden zu sprechen. Mehrfach bekräftigte er, nichts gegen das Judentum zu haben. Und er versicherte: »Wir unterstützen niemanden, der gegen Juden ist.«

Nicht nur der israelische Botschafter in Deutschland, Yakov Hadas-Handelsman, wies anschließend auf manchen Widerspruch hin: »Vertreter der Palästinensischen Autonomiebehörde rufen offen zu Mord und Terror gegen Juden auf. Wer hinschauen möchte, muss sich nur soziale Medien und offizielle palästinensische Fernsehprogramme anschauen, die weltweit, auch in Deutschland, zu sehen sind. Dort wird offen gegen Israel gehetzt und unser Existenzrecht infrage gestellt.« Trotzdem habe Abbas erschreckenden Erfolg damit, sich nach außen als Friedensbringer darzustellen, sagte Hadas-Handelsman der Jüdischen Allgemeinen.

zweistaatenlösung Die Geschichte habe mehrfach gezeigt, betonte der Botschafter, dass die Siedlungen nicht das Haupthindernis für die Lösung des Konfliktes darstellen. »Damit es keine Missverständnisse gibt: Israel ist für die Zweistaatenlösung. Wir haben in der Vergangenheit großzügige Angebote gemacht, die abgelehnt wurden. Unsere Bereitschaft zu Kompromissen ist da. Aber immer, wenn es darauf ankam, haben sich die Palästinenser zurückgezogen. Es ist schließlich viel einfacher, Israel in internationalen Gremien zu bashen, als das eigene Volk von wichtigen Entscheidungen zu überzeugen.«

Er bezweifle, dass die palästinensische Regierung handlungsfähig ist. Und offenkundig sei, dass sie nicht handeln wolle: »Die politische Führung hat einfach nicht das Format, schwierige Entscheidungen gegenüber ihren Leuten durchzusetzen«, so Hadas-Handelsman.

Am Samstag konnte Abbas übrigens zum Abschluss seines Besuches den »Steiger Award« in Dortmund in Empfang nehmen. Dieser undotierte Preis, heißt es beim Veranstalter, werde an Persönlichkeiten verliehen, die sich durch Geradlinigkeit, Offenheit, Menschlichkeit und Toleranz auszeichnen. Abbas erhielt den Sonderpreis »Hoffnung auf Frieden«.

USA

Wer Jude ist, bestimmt nun er

Donald Trump wird immer mehr wie der berühmt-berüchtigte Wiener Bürgermeister Karl Lueger

von Michael Thaidigsmann  17.03.2025 Aktualisiert

In eigener Sache

Warum es uns besonders wichtig ist, mit einer Sonderausgabe an Kfir, Ariel und Shiri Bibas zu erinnern

Ein Editorial von JA-Chefredakteur Philipp Peyman Engel

von Philipp Peyman Engel  17.03.2025 Aktualisiert

Bundestag

Aydan Özoğuz kandidiert nicht mehr

Die SPD-Politikerin habe in der eigenen Fraktion nicht genug Rückhalt, um noch einmal Vizepräsidentin des Parlaments zu werden

 17.03.2025

Leserbriefe

»Es gibt uns, nichtjüdische Deutsche, die trauern und mitfühlen«

Nach der Sonderausgabe zum Schicksal der Familie Bibas haben uns zahlreiche Zuschriften von Lesern erreicht. Eine Auswahl

 17.03.2025

Erfurt

Deutsch-Israelisches Jugendwerk lässt auf sich warten

Thüringen und Israel streben eine enge Partnerschaft auf wissenschaftlichem, kulturellem und wirtschaftlichem Gebiet an

 17.03.2025

Interview

»Wir wissen heute, wohin autoritärer Nationalismus führt«

»Vergangenheitsbewältigung« - diesen Begriff mag der Historiker Magnus Brechtken nicht so gern. Stattdessen bevorzugt er »Vergangenheitsaufarbeitung«. Denn, so sagt er, mit Geschichte müsse man sich immer wieder neu auseinandersetzen

von Joachim Heinz  17.03.2025

Pressefreiheit

»taz«-Journalist Nicholas Potter warnt vor »Intifada gegen die Presse«

Viele Medienschaffende hierzulande blieben Nahost-Versammlungen längst fern, weil die Lage für sie zu gefährlich geworden sei. Sie würden dort »beschimpft, angespuckt, getreten, geschlagen«

 17.03.2025

Washington D.C./Sanaa

USA setzen Angriffe gegen Huthi fort

Erst wenn die Huthi keine Schiffe mehr angreifen, wollen die USA ihre heftigen Angriffe einstellen. Doch die vom Iran unterstützte Terrororganisation lenkt nicht ein. Im Gegenteil

 17.03.2025

Analyse

Die Umdeutler

Die AfD will die deutsche Geschichte verfälschen. Künftig kann sie ihr Ziel noch konsequenter verfolgen

von Sebastian Beer  16.03.2025