Konferenz

Freunde Zions

Heiliges Land: christliche Pilger und Laiendarsteller auf der Via Dolorosa in Jerusalem Foto: Flash 90

Auch Nikolaus Schneider warnach Berlin gekommen. »Wenn Kritik an der Politik Israels in der Infragestellung des Existenzrechtes des Staates mündet, wird damit eine Grenze überschritten«, erklärte der Präses der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), nämlich »die Grenze zwischen einem Miteinander in kritischer Solidarität und einem Gegeneinander in unkritischer Parteinahme.«

Schneider sprach am vergangenen Dienstag in Berlin auf einer Tagung, zu der die Konrad-Adenauer-Stiftung und der Koordinierungsrat der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit eingeladen hatten.

boykott Es ging um Parteinahmen von Kirchenvertretern gegen Israel, die es in den vergangenen Monaten häufig gegeben hatte. Bezugspunkt ist fast immer ein Dokument palästinensischer Christen, das vom Weltkirchenrat ohne Kommentar verschickt worden war, das »Kairos-Papier«. Hier wird zum Boykott Israels aufgefordert: »Wir glauben, dass am Ende Seine Güte den Sieg über das Böse des Hasses und des Todes davontragen wird, die noch immer in unserem Land herrschen.«

Gerade in deutschen Protestantenkreisen ist das Kairos-Papier auf viel Zustimmung gestoßen. Oberkirchenrat Jens Nieper vom Kirchenamt der EKD bezeichnete die Autoren etwa als eine »Friedensbewegung, die sich nicht aus den Reihen der Besatzer heraus entwickelt, sondern aus den Besetzten heraus«. Und im »Deutschen Pfarrerblatt« war ein Aufsatz erschienen, in dem der israelischen Politik bescheinigt wurde, ihr »oberstes Ziel« sei »die Landnahme«.

Da war der Tenor der Berliner Tagung ganz anders. Michael Volkmann, der als Pfarrer für das Gespräch zwischen Christen und Juden der Evangelischen Landeskirche in Württemberg zuständig ist, hält das Kairos-Papier für »nicht zustimmungsfähig«. Deutschland habe mit Boykottaufrufen gegen Israel böse Erfahrungen gemacht. Volkmann hebt hervor: »Das Existenzrecht des Staates Israel ist aus Sicht der evangelischen Kirchen in Deutschland nicht hinterfragbar.«
Israelfeindliche Pfarrer waren in Berlin gar nicht erst erschienen.

BAd Boll Der Konflikt zwischen den verschiedenen christlichen Lagern in puncto Israel wird nicht auf einer Tagung ausgetragen, sondern eher zwischen den Tagungsanbietern. So scheute sich die Evangelische Akademie Bad Boll im vergangenen Jahr nicht, Vertreter der Hamas einzuladen. Es ging um Themen wie »Die christliche Liebe mahnt uns zum Widerstand gegen die Besetzung« oder »Wirtschaftliche Maßnahmen gegen die Logik der Gewalt«.

Auch die katholische Kirche war Thema der Konferenz. Der Journalist und Papstbiograf Alan Posener erinnerte an Versäumnisse im Verhältnis zum Judentum und zum Staat Israel. »Man hätte von einem deutschen Papst, einem Hitlerjungen wider Willen, eine besondere Sensibilität erwarten können«, sagte Posener zum Israel-Besuch Benedikts XVI. »Leider ist das Gegenteil der Fall.« Ein Beispiel sei der von Vielen als enttäuschend eingeschätzte Besuch des Papstes in Yad Vashem.

Angesichts der Differenzen innerhalb der Kirchen stellte sich die Konferenz auch die Frage, warum nichtjüdische Deutsche überhaupt so erbittert über Israel streiten. Warum gibt es so häufig moralische Empörung über die kleine Demokratie am Mittelmeer, warum so selten über den Iran, den Sudan oder andere Staaten, die die Menschenrechte mit Füßen treten?

schuld Antworten gab der evangelische Theologe Rolf Schieder von der Berliner Humboldt-Universität: Die Deutschen hätten permanent das Gefühl, dass ihnen Schuld an der Schoa zugeschoben würde, und stilisierten sich selbst zu Opfern. Dies sei aber bedenklich, »weil es nicht um Schuld und Scham, sondern schlicht um die Übernahme historischer Verantwortung geht«.

So entstünden kollektive Reaktionen zur Schuldabwehr. Um sich selbst reinzuwaschen, entwickelten viele Deutsche einen »ganz merkwürdigen Schuldabwehr-Antizionismus«, so Schieder. »Man könnte auch sagen: Schuldabwehr-Antisemitismus.«

Erfurt

CDU, BSW und SPD legen in Thüringen Koalitionsvertrag vor

Wegen der Außenpolitik des BSW ist das Bündnis umstritten

 22.11.2024

Antisemitismus

Polizei sucht nach Tatverdächtigem vom Holocaust-Mahnmal

Der Mann soll einen volksverhetzenden Text in das dortige Gästebuch geschrieben haben

 22.11.2024

Debatte

Theologen werfen Papst einseitige Sicht auf Nahost-Konflikt vor

Ein Schreiben von Papst Franziskus zum Nahost-Krieg enthalte einen »blinden Fleck im Denken«

 22.11.2024

Hessen

Boris Rhein verurteilt Haftbefehl gegen Netanjahu

Der israelische Premier verteidige »sein Land gegen Terroristen«, so Rhein

 22.11.2024

CDU/CSU

Unionspolitiker: Verhaftung von Netanjahu auf deutschem Boden »unvorstellbar«

Die größte Oppositionsfraktion kritisiert die fehlende Haltung der Bundesregierung

 22.11.2024

Den Haag

Der Bankrott des Internationalen Strafgerichtshofs

Dem ICC und Chefankläger Karim Khan sind im politischen und juristischen Kampf gegen Israel jedes Mittel recht - selbst wenn es unrecht ist. Ein Kommentar

von Daniel Neumann  22.11.2024

Internationaler Strafgerichtshof

»Halten uns an Recht und Gesetz«: Jetzt äußert sich die Bundesregierung

Außenministerin Annalena Baerbock will aber noch genauer prüfen, was der Entscheid des IStGH bedeutet

 22.11.2024

Budapest

Orbán: »Werde Netanjahu nach Ungarn einladen«

Regierungschef Viktor Orbán will seinen israelischen Amtskollegen trotz des Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofes weiter empfangen

 22.11.2024

Atomprogramm

Iran kündigt Ausbau der Urananreicherung an

Der Atomstreit mit dem Iran geht in eine neue Runde

 22.11.2024