Jetzt hat Freiburg auch »einen Ort, an den man gerne geht«. So gern, dass man gar nicht merkt, dass es sich um einen Gedenkort handeln soll. Am 2. August wurde der neu gestaltete Platz der Alten Synagoge eröffnet. Damit hat Freiburg nun einen »urbanen«, sprich: gepflasterten zentralen Platz, wo früher eine Wiese war.
Lange Zeit war genau das der größte Streitpunkt: Wie kann eine grün regierte Stadt das Stadtzentrum in eine Steinwüste verwandeln? Und wird es nicht zu heiß werden in der sonnenreichen Stadt?
bauarbeiten Während der Bauarbeiten kam es dann auch zu einem moralischen Eklat: Als Fundamentreste der 1938 zerstörten Synagoge zum Vorschein kamen, ließ man einen Großteil davon entgegen aller Bitten der jüdischen Gemeinde und Nachkommen von Schoa-Überlebenden abtragen, um das geplante Gedenkkonzept umzusetzen. An der Stelle der Synagoge wurde ein Wassertisch in deren Umrissen installiert, in den auch eine ältere Gedenkplatte eingelassen wurde.
In der Theorie klingt das schön, aber schon zur Eröffnung verwandelte sich der Gedenkbrunnen in einen beliebten Spielplatz. Im heißen Freiburger Sommer keine Überraschung, und wer will es den Kindern verübeln? In der Nacht wurde das Becken schon als kühlende Tanzfläche genutzt.
gedenktafel Nun kann man auf verschiedene Arten gedenken, und die Gemeinde hatte sich auch für ein lebendiges Platzkonzept ausgesprochen. Doch der Gedenkaspekt des Ortes scheint von Beginn an verdrängt zu sein. Sicher, jetzt sehen deutlich mehr Platzbesucher die alte Gedenktafel, aber auch nur, weil sie zuvor unter Bäumen versteckt war.
Die Gemeinde wird nun aber vor ein Dilemma gestellt: Entweder spielt sie den ewigen Spaßverderber, oder sie gibt jegliche Ansprüche auf respektvollen Umgang mit der Vergangenheit auf. Als ob das nicht genug wäre, soll die offizielle Einweihung des Platzes am 14. Oktober stattfinden, am Schabbat. Selten hatte man in Freiburg so deutlich den Eindruck, dass Juden stören, wie jetzt, am neuen Platz der Alten Synagoge.
Der Autor ist Historiker in Freiburg.