Wuligers Woche

#FreeDeniz

Wurde in Gewahrsam genommen: Deniz Yücel, Türkei-Korrespondent der »Welt« Foto: dpa

Deniz Yücel, Türkei-Korrespondent der Tageszeitung »Die Welt«, wird seit vergangener Woche in Istanbul von der Polizei in Gewahrsam gehalten. Ihm wird »Terrorismus« vorgeworfen. Yücel hatte, wie viele andere Journalisten auch, über gehackte Dokumente auf Wikileaks berichtet, in denen es unter anderem um Medienbeeinflussung durch die Regierung ging. Die Dokumente stammen aus dem E-Mail-Konto von Energieminister Berat Albayrak, dem Schwiegersohn von Staatspräsident Erdogan.

Die Bundesregierung verlangt in der Causa Yücel von der Türkei ein faires Verfahren und die Einhaltung rechtsstaatlicher Normen. Gefordert ist aber in diesem Fall auch die jüdische Gemeinschaft in Deutschland. Denn Deniz Yücel ist einer der – leider wenigen – Journalisten hierzulande, die Sensibilität für unsere elementaren Belange bewiesen haben. Bevor er zur »Welt« ging, arbeitete der heute 43-Jährige für die »taz«. Dort verfasste er immer wieder Texte, die vom gängigen »israelkritischen« Konsens nicht nur dieser Zeitung deutlich abwichen.

Judenhass Als während des Gaza-Kriegs 2014 der Antizionismus der deutschen Linken sicht- und hörbar in gewöhnlichen Judenhass umschlug, schrieb Yücel der progressiven »Man wird doch noch Israel kritisieren dürfen«-Klientel ins Stammbuch: »Nein, du darfst nicht. Es gibt kein Menschenrecht auf Israelkritik. Und schon gar nicht für dich. Nicht als Nachkomme jener Leute, die die Vernichtung der Juden von Europa geplant und durchgeführt haben. Nicht als Nachkomme jener, die sich am Holocaust bereichert haben. Nicht als Mitarbeiter von Bayer, Degussa oder Volkswagen. Nicht als Angehöriger eines Milieus, das in den neunziger Jahren Technopartys in arisierten Immobilien feierte. Gar nicht. Du bist Deutscher, aus der Nummer kommst du noch in tausend Jahren nicht raus. Es gibt nämlich kein Deutschland ohne Auschwitz – kein Multikultideutschland, kein linkes Deutschland, kein besseres Deutschland, gar keins.«

Ein Jahr zuvor, 2013, als Jakob Augstein vom Simon-Wiesenthal-Center in dessen jährliche Top-Ten-Liste antisemitischer Verunglimpfungen aufgenommen wurde und die hiesige Presselandschaft von rechts bis links sich vor Empörung überschlug, antwortete Yücel seinen Berufskollegen: »Jenseits der Vorstellungskraft deutscher Journalisten liegt es, dass einer der ihren Antisemit sei oder sich regelmäßig aus dem Fundus antisemitischer Denkfiguren bedienen könnte. Einer, der Teilhaber einer namhaften Illustrierten ist, für das größte Onlinemagazin des Landes schreibt und aus Steuergründen oder auch nur spaßeshalber ein eigenes ›Meinungsmedium‹ unterhält; einer, mit dem man im Presseclub sitzt und mit dem man schon über manches Kalte Buffet hergefallen ist – so einer kann kein Antisemit sein.«

Für diese klare – und in der hiesigen Medienlandschaft nicht zuletzt auch mutige – Positionierung schulden die Juden in Deutschland Deniz Yücel Dank. Jetzt haben wir Gelegenheit, diese Dankesschuld einzulösen.

Jerusalem

Netanjahu reagiert auf Wahlsieg von Merz

Auch Außenminister Gideon Saar äußert sich zum Ausgang der deutschen Bundestagswahlen

 23.02.2025

Berlin

Jüdische Vertreter erschrocken über AfD-Ergebnis

Jeder Fünfte hat bei der Bundestagswahl seine Stimme der AfD gegeben. Jüdische Vertreter äußern große Sorge

von Joachim Heinz  23.02.2025

Reaktion

Charlotte Knobloch: »Deutschland ist ab heute ein anderes Land« 

Die Holocaust-Überlebende Charlotte Knobloch sieht im Abschneiden der AfD bei der Bundestagswahl ein Fanal

 23.02.2025

Bundestagswahl

Mehrheit will Regierung ohne AfD, Linke bei Jungen vorn

Mehr Männer stimmen für die Union als Frauen, und bei den jüngsten Wählern liegen Linke und AfD vorn. Doch es gibt noch weitere Erkenntnisse aus den Wahlanalysen.

 23.02.2025

Bundestagswahl

Schuster: »Erschrocken über den Wahlerfolg der AfD«

Der Präsident des Zentralrates der Juden appelliert an die politische Mitte »realistische Lösungen für die drängenden Probleme unseres Landes« zu lösen

 23.02.2025

Kommentar

Hoffnung auf einen wirklichen Wechsel

Nach dem Scheitern der Ampel-Regierung werden SPD, Grüne und FDP abgestraft. Was es nun braucht

von Philipp Peyman Engel  23.02.2025

Bundestagswahl

Weidel schließt Aufnahme des »freundlichen Gesichts des NS« nicht aus

Noch 2021 wurde Matthias Helferich wegen seiner Sympathien für den Nationalsozialismus nicht in die Fraktion der AfD aufgenommen. Das will die Parteichefin am Wahlabend nicht erneut garantieren

 23.02.2025

Bundestagswahl

Merz siegt, Scholz am Boden: Was das Wahlergebnis bedeutet

Die wichtigsten Fragen und Antworten

 23.02.2025

Bundestagswahl

Union gewinnt Bundestagswahl vor AfD – Fiasko für die SPD

Die Union triumphiert und dürfte mit Merz den Kanzler stellen. Für die SPD ist es eine historische Pleite. Die AfD verdoppelt ihr Ergebnis. Die Linke bleibt im Parlament, FDP und BSW zittern

 23.02.2025 Aktualisiert