Die alte Nahost-Kolonialmacht Frankreich will wieder mitmischen. Diesmal soll der Frieden zwischen Israel und den Palästinensern bewerkstelligt werden. Frankreichs Außenminister Jean-Marc Ayrault hatte Israel und die palästinensischen Gebiete besucht, um Premierminister Benjamin Netanjahu und Präsident Mahmud Abbas die französische Initiative einer Friedenskonferenz im Herbst schmackhaft zu machen.
Doch erst einmal wird es nichts mit der Friedensmacht Frankreich. Schon ein Vorbereitungstreffen am 30. Mai wurde abgesagt, Staatspräsident François Hollande verschob es vage auf Sommer. Angeblich habe US-Außenminister John Kerry Ende Mai keine Zeit.
quartett Dabei hatte Frankreich alles schön geplant. Ayrault hatte erklärt: »Wir müssen agieren, bevor es zu spät ist.« Der Friedensprozess sei eingefroren. Eine internationale Intervention sei notwendig, »weil die Lage täglich schlimmer wird«.
Am 25. Mai soll nach einem Ministertreffen des Nahostquartetts (EU, UN, USA und Russland) ein Bericht zum Stand des Israel-Palästina-Konflikts veröffentlicht werden. Dieser soll die Grundlage für die von Paris vorgeschlagene Konferenz im Herbst bilden. Ein schöner Plan, der nach der Absage des Vorbereitungstreffens Ende Mai – zu dem interessanterweise weder Israel noch Palästinenser eingeladen waren – noch mehr in der Schwebe ist.
Präsident Abbas hatte die französische Initiative begrüßt – nicht zuletzt, weil die Palästinenser eine »Internationalisierung« des Konflikts anstreben, um so direkten Verhandlungen mit Israel auszuweichen.
konferenz Aus diesem Grund hatte Netanjahu die Pariser Pläne abgelehnt. So wie die Konferenz konzipiert war, rücke der Frieden in weite Ferne, weil sie den Palästinensern die Chance geboten hätte, erneut vor Gesprächen mit Israel aus dem Weg zu gehen.
Das französische Unternehmen war schon mit denkbar schlechten Karten gestartet. Paris hatte für eine UNESCO-Resolution votiert, die jegliche Verbindung des jüdischen Volkes zum Tempelberg leugnete. Netanjahu hatte deswegen einen ungewöhnlich scharfen Protestbrief an Präsident François Hollande geschickt. Ayrault hat das französische Votum als »Missverständnis« abgetan. Er wolle persönlich dafür sorgen, dass es sich nicht wiederholt. Nach Angaben israelischer Beamter verweigerte er sich jedoch der Forderung Netanjahus, die Zustimmung zu der UNESCO-Resolution zu widerrufen.
Nicht nur deshalb hat Netanjahu Zweifel, ob Frankreich tatsächlich ein fairer Vermittler sein und gar die Amerikaner ersetzen könne. Die USA hatten bis zum Abbruch des Friedensprozesses 2014 alle Vermittlungsrollen in Nahost eingenommen.
absage Der russische UN-Diplomat Vladimir Safronkov hatte Paris schon früh eine Absage erteilt. Das Nahostquartett sei der »einzige legitime Vermittlungsrahmen für einen Nahostfrieden und regionale Sicherheit«.
Noch bevor Ayrault in Jerusalem eingetroffen war, hatte Netanjahu erklärt: »Der skandalöse UNESCO-Beschluss, den Frankreich unterstützt hat, erkennt nicht die Jahrtausende währende Verbindung des jüdischen Volkes zum Jerusalemer Tempelberg an. Das wirft Schatten auf die Ausgewogenheit eines jeglichen von Frankreich einberufenen Forums.«
Für Netanjahu seien direkte Verhandlungen ohne Vorbedingungen der einzige Weg zu einem Frieden. »Unsere Erfahrung lehrt, dass Verhandlungen der einzige Pfad zu einem Frieden mit Ägypten und Jordanien waren, während alle anderen Mittel gescheitert sind.« Die Palästinenser müssten sich der Wurzel des Konflikts stellen: der Nichtanerkennung des jüdischen Staates Israel. Angesichts dessen äußerte Ayrault die Hoffnung, dass sich Israel bis zum Herbst besinnen und beteiligen werde. Wahrscheinlich ist das alles nicht.
verbündete Bis 1968 war Frankreich ein entscheidender Verbündeter Israels und Waffenlieferant, während die USA kaum Einfluss hatten. Das änderte sich mit dem 1968 von Präsident Charles de Gaulle verhängten Waffenembargo. Seitdem hat Frankreich ein eher problematisches Verhältnis zu Israel. Immer wieder provozierte Paris das kleine Mittelmeerland.
Der Versuch, die Amerikaner als Nahostvermittler zu ersetzen, wirkt auf viele Israelis überheblich. In Jerusalem und Tel Aviv vermuten etliche Beobachter, dass die Initiative weniger etwas mit französischer Sorge um den Frieden im Nahen Osten, als vielmehr mit dem Versuch der angeschlagenen Hollande-Administration zu tun habe, mit außenpolitischen Initiativen innenpolitisch zu punkten.