AfD-Strategie

Forscherin: AfD nutzt soziale Medien gezielt, um Holocaust umzudeuten

Alice Weidel, Fraktionsvorsitzende, Parteivorsitzende und Kanzlerkandidatin der AfD, sitzt vor einem Laptop in ihrem Büro des Jakob-Kaiser-Hauses. Foto: picture alliance/dpa/dpa-POOL

Die AfD nutzt laut der Forscherin Monika Hübscher soziale Medien strategisch, um die NS-Zeit umzudeuten und so die eigene rechtsextreme Ideologie gesellschaftsfähig zu machen. Dies zeige sich beispielsweise darin, dass AfD-Mitglieder in Facebook-Beiträgen und YouTube-Videos jüdische oder andere NS-Opfer bewusst auslassen, den Holocaust nicht benennen und stattdessen Deutsche als Opfer von Hitler und dem Nationalsozialismus darstellen, sagte die Antisemitismusbeauftragte an der Universität Duisburg-Essen dem Evangelischen Pressedienst. »Das ist antisemitisch, weil es darauf abzielt, die deutsche Schuld am Holocaust zu relativieren oder umzukehren.«

Auch die Aussage von AfD-Parteichefin Alice Weidel, Adolf Hitler sei ein Kommunist gewesen, sei ein »klarer Versuch« in diese Richtung. Ihre Behauptung entbehre jeder historischen Grundlage und diene einem politischen Zweck: »Sie soll die NS-Verbrechen von der extremen Rechten abspalten und damit die eigene ideologische Nähe zur völkischen und autoritären Tradition des Nationalsozialismus verschleiern. Weidels Äußerung ist also kein Ausrutscher«, betonte die wissenschaftliche Mitarbeiterin der Fakultät für Bildungswissenschaften, die an der Universität Haifa in Israel promoviert.

Die vom Verfassungsschutz in Teilen als rechtsextrem eingestufte Partei nutze systematisch soziale Plattformen, um die Grenzen des Sagbaren zu verschieben, erklärte Hübscher, die insbesondere zur Social-Media-Kommunikation der AfD forscht. »Aussagen, die die AfD niemals in Pressekonferenzen gegenüber Journalisten tätigen würde, können auf diesen Plattformen ohne Widerspruch verbreitet werden - entweder direkt oder durch strategisch gesetzte Andeutungen.« Sympathisanten verstünden diese »Implizitheit«, wenn die Kommentarspalten dann in offenen Antisemitismus eskalierten.

Keine Ausrutscher

Besonders auffällig sei auch die Verbreitung von Verschwörungsmythen, stellte Hübscher fest. So werde von AfD-Mitgliedern und -Anhängern etwa die antisemitische Lüge verbreitet, wohlhabende Juden würden als vermeintliche »Strafe« für den Holocaust gezielt die deutsche Gesellschaft durch Migration »ausrotten« wollen. »Solche Erzählungen greifen auf klassische antisemitische Stereotype zurück, die Juden als manipulative Strippenzieher darstellen und gesellschaftliche Veränderungen als von ihnen gesteuerte Bedrohung inszenieren.«

Die Forscherin forderte mehr Aufklärung über die Mechanismen rechtsextremer Rhetorik. »Letztlich erfordert die Entlarvung der AfD-Strategie eine kontinuierliche, faktenbasierte Auseinandersetzung, wie Antisemitismus heute funktioniert - sowohl in AfD-Reden im Bundestag als auch in TikTok-Reels.« epd

Meinung

Wenn deutsche Ex-Diplomaten alle antiisraelischen Register ziehen

Deutschland darf nicht länger schweigen? Eine Erwiderung von Daniel Neumann auf den vielsagenden »FAZ«-Gastbeitrag ehemaliger Botschafter

von Daniel Neumann  21.04.2025

Reaktionen

Freund und Bruder Franziskus – Juden verabschieden sich vom Papst

Mit Wärme und Respekt würdigen Vertreter der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland und weltweit den Papst. Nicht immer war das Verhältnis von katholischer Kirche und Judentum aber einfach, etwa nach dem 7. Oktober 2023

von Leticia Witte  21.04.2025

Reaktionen

»Mit Papst Franziskus ist ein Freund der jüdischen Gemeinschaft von uns gegangen«

Der Zentralrat der Juden würdigt Papst Franziskus, der am Montag im Alter von 88 Jahren gestorben ist

 21.04.2025

Nachruf

Förderer des katholisch-jüdischen Dialogs, aber auch harter Kritiker Israels

Papst Franziskus ist am Montag im Alter von 88 Jahren gestorben. Sein langjähriger Gesprächspartner, Rabbiner Jehoschua Ahrens, nimmt Abschied

von Rabbiner Jehoschua Ahrens  21.04.2025

Vatikan

Papst Franziskus ist tot

Das Oberhaupt der katholischen Kirche starb einen Tag nach dem Ostersegen

 21.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  20.04.2025

Einspruch

Niemals vergessen!

Eva Umlauf will nicht hinnehmen, dass immer mehr Deutsche einen Schlussstrich unter die NS-Zeit ziehen möchten

von Eva Umlauf  18.04.2025

Essay

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025