Judenhass

Forscher: Antisemitismus in arabischen Staaten Teil der Staatsräson

Michael Kiefer Foto: picture alliance / Friso Gentsch/dpa

Der Osnabrücker Islamwissenschaftler Michael Kiefer sieht im Antisemitismus unter zugewanderten Muslimen in Deutschland ein lange vernachlässigtes Problem. Seit 20 Jahren weise er darauf hin, dass der Holocaust, die Gründung des Staates Israel und der Nahost-Konflikt in deutschen Schulen nicht ausreichend behandelt würden, sagte Kiefer.

Den meisten zugewanderten Muslimen blieben nur die in ihrer Heimat erlernten judenfeindlichen Interpretationsmuster: »Antisemitismus ist in Syrien und vielen weiteren arabischen Ländern seit Jahrzehnten Teil der Staatsräson.«

Viele Menschen seien antisemitisch erzogen. Antisemitische Erzählungen würden seit Jahrzehnten in den Medien wiederholt. Sie seien Teil der Unterhaltungsliteratur, von Fernsehserien zum Ramadan, erläuterte der Islamwissenschaftler am Institut für Islamische Theologie der Universität Osnabrück.

Dämonisiert und delegitimiert

Israel werde dämonisiert und delegitimiert als Staat, den es eigentlich nicht geben dürfte. Diese Ideologie brächten manche Geflüchteten mit nach Deutschland. »Und sie wird immer dann nach oben gespült, wenn es in Gaza wieder hoch hergeht.«

Die wahre Geschichte des Staates Israel sei den meisten der Zugewanderten gar nicht bekannt. Kiefer berichtete von einer Begegnung mit etwa 40 aus Syrien stammenden Jugendlichen in einer Moschee in Duisburg vor rund zwei Monaten. »Keiner von ihnen hatte jemals den Begriff Holocaust gehört.«

Die deutsche Bildungspolitik müsse jetzt reagieren, Schulbücher ergänzen, den Umgang mit Antisemitismus in der Lehrerausbildung verankern und die Lehrkräfte sprachfähig machen, forderte Kiefer. Der Nahostkonflikt müsse ausführlicher und proaktiv behandelt werden und nicht erst dann, wenn aktuelle Ereignisse ihn auf den Lehrplan brächten.

Indoktrinierten Jugendliche

»Aus vielen Jahren Erfahrung mit islamistisch indoktrinierten Jugendlichen weiß ich, dass es möglich ist, Vorurteile bei jungen Menschen abzubauen und ihnen die Fähigkeit zu kritischem Denken zu vermitteln.«

Kiefer forderte zudem die Moscheegemeinden in Deutschland auf, sich klar zum Existenzrecht Israels zu positionieren und den Terror der Hamas zu verurteilen. »Da waren die bisherigen Verlautbarungen doch eher dürftig und unzureichend.« Die Gemeinden müssten in den Freitagspredigten und in der Jugendarbeit ihren Beitrag dazu leisten, Antisemitismus abzubauen.

Das gelte auch und besonders für die Gemeinden des aus der Türkei finanzierten Verbandes Ditib, sagte der Professor für Soziale Arbeit in der Migrationsgesellschaft. Dessen Funktionäre müssten sich deutlich von den Hetzparolen des türkischen Präsidenten Erdogan gegen Israel distanzieren. »Natürlich sehen die sich in einer Zwickmühle, aber wenn man Teil der deutschen Zivilgesellschaft sein will, darf man dazu nicht schweigen.«

Berlin

Weltweiter Antisemitismus alarmiert Bundesbeauftragten Klein

Negative Stereotype über Juden sind einer Befragung zufolge weltweit so verbreitet wie nie

 15.01.2025

Würdigung

Argentiniens Präsident Milei erhält »jüdischen Nobelpreis«

Der ultraliberale Staatschef gilt als enger Verbündeter Israels und hat großes Interesse am Judentum. Das Preisgeld in Höhe von einer Million Dollar will er für den Kampf gegen Antisemitismus spenden

von Denis Düttmann  14.01.2025

Berlin

Vereinigung fordert Ausschluss der AfD bei Holocaust-Gedenken

Die demokratische Einladungspraxis, alle im Parlament vertretenen Parteien einzubeziehen, sei für die NS-Opfer und ihre Nachkommen und für viele demokratische Bürger nicht mehr tragbar

 14.01.2025

New York

46 Prozent aller Erwachsenen auf der Welt haben antisemitische Ansichten

Die Anti-Defamation League hat 58.000 Menschen in 103 Ländern befragt

 14.01.2025

NRW

NRW-Leitlinien für zeitgemäßes Bild des Judentums in der Schule

Mit Büchern gegen Antisemitismus: NRW-Bildungsministerin Feller hat zwölf Leitlinien für die Darstellung des Judentums in der Schule vorgestellt. Denn Bildungsmedien seien ein Schlüssel zur Vermittlung von Werten

von Raphael Schlimbach  14.01.2025

Faktencheck

Hitler war kein Kommunist

AfD-Chefin Weidel bezeichnet den nationalsozialistischen Diktator als »Kommunisten«. Diese These wird von wissenschaftlicher Seite abgelehnt

 14.01.2025

Berlin

Wegen Gaza-Krieg: Syrer beschädigt erneut Gebäude im Regierungsviertel

Erst das Innenministerium, dann der Amtssitz des Bundeskanzlers: Zweimal binnen weniger Tage fasst die Polizei in Berlin einen Mann, der wegen des Gaza-Kriegs wütet

 14.01.2025

Studie

Frauen und jüdischer Widerstand bei Schulnamen unterrepräsentiert

Welche Persönlichkeiten prägen die Namen deutscher Schulen? Eine Studie zeigt: Pädagogen spielen eine große Rolle. Frauen und Juden eher weniger

 14.01.2025

Debatte

»Zur freien Rede gehört auch, die Argumente zu hören, die man für falsch hält«

In einem Meinungsstück in der »Welt« machte Elon Musk Wahlwerbung für die AfD. Jetzt meldet sich der Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner zu Wort

von Anna Ringle  13.01.2025