In Helsinki hat die Regierung von Ministerpräsident Petteri Orpo beschlossen, Holocaust-Leugnung, Rassismus und andere Formen des Menschenhasses zu bekämpfen. Hintergrund sind sich häufende Skandale, von denen einer zum Rücktritt eines rechtspopulistischen Ministers führte.
Die aus vier Parteien bestehende, tendenziell rechte Koalition von Orpo einigte sich auf eine Erklärung, die »Maßnahmen für Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung in der finnischen Gesellschaft« auflistet. Das Papier soll nächste Woche dem Parlament vorgelegt werden. »Die Regierung setzt sich während der gesamten Legislaturperiode für die Förderung der Gleichstellung auf breiter Front ein«, sagte Regierungschef Orpo.«
Leben in Würde »Finnland ist seit jeher führend in den Bereichen soziale Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und Verbesserung der Möglichkeiten für den Einzelnen, ein Leben in Würde zu führen«, heißt es in der Erklärung, die bereits von früheren Regierungen verfasst und nun von einer Arbeitsgruppe aktualisiert wurde. »Nach der finnischen Verfassung sind alle vor dem Gesetz gleich.«
Die Umsetzung der Maßnahmen soll nach Regierungsangaben mithilfe eines separaten Aktionsplans erfolgen. Nach Ansicht der zuständigen Arbeitsgruppe gibt es in der Gesellschaft weiterhin »diskriminierende Einstellungen und Strukturen – beispielsweise auf dem Arbeitsmarkt und in der Bildung –, die geändert werden müssen.«
Die Gesetzgebung sei gut, müsse jedoch auch umgesetzt werden. Dafür müssten Mittel in ausreichender Höhe zur Verfügung gestellt werden. Einmal pro Jahr will Ministerpräsident Orpo einen Runden Tisch organisieren, um den Stand der Implementierung der Maßnahmen zu erörtern.
Prävention und Integration Eine große Rolle sollen auch Prävention und Integration spielen. Kinder aus Einwandererfamilien, die in der Schule Hilfe benötigen, sollen verstärkt gefördert werden. Vor allem wird jedoch dem Hass der Kampf angesagt.
»Handlungen, die durch Hass gegen Juden, Muslime, Christen und andere religiöse Gruppen motiviert sind, werden verhindert und die Leugnung des Holocaust wird kriminalisiert«, hieß es in einer Pressemitteilung der Regierung. Diese will zudem »die Möglichkeit prüfen, zumindest den Gebrauch von Nazi- und Kommunistensymbolen zu ahnden.«
An der Ausarbeitung der Maßnahmen war Ben Zyskowicz, das einzige jüdische Parlamentsmitglied Finnlands, beteiligt. Nach einem Bericht der Jewish Telegraphic Agency (JTA) wurde er unlängst in Helsinki angegriffen und mit antisemitischen Parolen beleidigt.
Gutes Beispiel »In Finnland gibt es keinen Platz für Rassismus«, erklärte Orpo am Donnerstag. »Politische Entscheidungsträger müssen beim Aufbau einer sicheren und gleichberechtigten Gesellschaft mit gutem Beispiel vorangehen, und wir brauchen die Beteiligung der gesamten Gesellschaft.«
Für diese Aussage hatte der Ministerpräsident einen guten Grund: Erst im Juni hatte sein Wirtschaftsminister Vilhelm Junnila nach nur zehn Tagen im Amt zurücktreten müssen, da er zuvor auf Nazi-Symbolsprache zurückgegriffen hatte. Er ist Mitglied der rechtspopulistischen Partei Partei »Die Finnen«. Deren Vorsitzende Riikka Purra soll rassistische Posts in sozialen Medien abgesetzt haben.
Da sich Skandale dieser Art in Finnland häuften, meldete sich Ronald Lauder, der langjährige Präsident des Jüdischen Weltkongresses (WJC), zu Wort. Er begrüßte die Ankündigung der Regierung in Helsinki: »Ich danke der Regierung des Landes für ihre Entscheidung, die Leugnung des Holocaust unter Strafe zu stellen. Niemand sollte in der Lage sein, unser Leid zum Gesprächsthema zu machen«, so der Geschäftsmann und frühere US-Botschafter in Österreich, dessen eigene Ronald S. Lauder Foundation jüdischen Communities in Osteuropa und andernorts hilft.
Lauder fügte hinzu: »Offener Diskurs ist einer der Schlüssel zu einer gesunden demokratischen Gesellschaft, aber schon zu lange hat es diejenigen gegeben, die sich hinter dem Schutzschild der freien Meinungsäußerung versteckt haben und gleichzeitig das Andenken an die sechs Millionen Juden entweihten, die von den Nazis und ihren Kollaborateuren ermordet wurden.«