Die Landtagsfraktion der hessischen SPD hat sich am Abend vor Jom Kippur mit einem Gruß an alle Jüdinnen und Juden gewandt – und erntete dafür im Netz einen Shitstorm. Bebildert war der Post, den die Hessen-SPD auf ihren Social-Media-Kanälen teilte, nämlich mit einem Foto des Felsendoms, einem muslimischen Heiligtum, das auf dem Tempelberg in Jerusalem steht. Von einigen Nutzern wurde das als beleidigend empfunden. Der Generalsekretär der Europäischen Rabbinerkonferenz (CER), Gady Gronich, fordert von der Hessen-SPD gar, sich für eine »Bildungsinitiative« einzusetzen, um dem verbreiteten Unwissen über das Judentum zu begegnen.
Die Pressestelle der SPD reagierte prompt auf die Kritik: Der Post wurde am nächsten Morgen entfernt, und der Pressesprecher der hessischen Sozialdemokraten, Christoph Gehring, entschuldigte sich ausführlich. Auf Twitter schrieb er von einem Fehler, »der natürlich niemals hätte passieren dürfen«. Unter seiner Verantwortung sei »etwas unterirdisch Dummes passiert, für das wir zu Recht hart kritisiert werden«. Er bitte »die Mitglieder der jüdischen Gemeinde und alle, die sich von dem Beitrag provoziert, angegriffen oder beleidigt fühlten, aufrichtig um Entschuldigung«.
»Offensichtlich hat niemand erkannt, dass es sich dabei um den Felsendom handelt.«
Christoph Gehring, Pressesprecher der spd hessen
Gleichzeitig besteht Gehring darauf, dass er allein die Verantwortung für den Vorfall trage und keiner der SPD-Abgeordneten im hessischen Landtag Schuld daran habe: »Schimpf und Schande sollten sich also allein an die Pressestelle und an mich als deren Leiter richten.«
Wie genau der Fehler passieren konnte, wollte Gehring in seinem Statement nicht offenlegen. Im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen wehrte er sich jedoch gegen den Verdacht, der von manchen Nutzern im Internet geäußert wurde, es hätte sich um eine bewusste Provokation gehandelt. »Es war schlichtweg Unwissen«, so Gehring. Die Prüfungsmechanismen der Pressestelle hätten in diesem Fall versagt: »Offensichtlich hat niemand erkannt, dass es sich dabei um den Felsendom handelt.« Eine böse Absicht sehe er bei keinem seiner Mitarbeiter. Gehring: »Manchmal ist ein dummer Fehler einfach nur ein dummer Fehler.«
Die Fotoauswahl zeige, »wie wenig man hierzulande über jüdisches Leben weiß«, sagte Gady Gronich, Generalsekretär der Europäischen Rabbinerkonferenz.
Mit einer solchen Erklärung würde sich der Generalsekretär der Europäischen Rabbinerkonferenz (CER), Gady Gronich, wohl nicht zufriedengeben. Es sei zwar schön, »wenn die politischen Parteien in Deutschland an die hier lebenden Jüdinnen und Juden denken und unserer Gemeinde zum wichtigsten jüdischen Feiertag« gratulierten. Die missglückte Fotoauswahl zeige jedoch, »wie wenig man hierzulande über jüdisches Leben weiß«.
Gronichs Vorschlag: »Vielleicht setzt sich die SPD Hessen besser für eine entsprechende Bildungsinitiative ein, jüdisches Leben in der Gesellschaft besser und lebhafter zu vermitteln?« Hier herrsche großer Handlungsbedarf, denn: »Der Blick auf das Judentum bleibt oft ein Blick von außen oder ist gar antisemitisch geprägt, oftmals durch Unwissen.«
Der Felsendom ist ein muslimischer Sakralbau, der im 7. Jahrhundert auf dem Tempelberg in Jerusalem errichtet wurde. Der Tempelberg ist das wichtigste Heiligtum des Judentums. Immer wieder kommt es an diesem Ort zu gewaltsamen Ausschreitungen zwischen Muslimen und israelischen Sicherheitsbehörden.