Razzia

Innenministerium verbietet rechtsextremes »Compact«-Magazin

Jürgen Elsässer, Chefredakteur des rechtsextremen Magazins »Compact« Foto: dpa

Razzia

Innenministerium verbietet rechtsextremes »Compact«-Magazin

Einsatzkräfte durchsuchen seit den frühen Morgenstunden Räumlichkeiten der Organisation sowie Wohnungen führender Akteure, der Geschäftsführung und von Anteilseignern

 16.07.2024 09:10 Uhr

Das vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestufte »Compact«-Magazin darf nicht mehr erscheinen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat das Medienunternehmen sowie die Conspect Film GmbH verboten. Nach Angaben ihres Ministeriums durchsuchten Einsatzkräfte am Morgen Räumlichkeiten der Organisation sowie Wohnungen führender Akteure, der Geschäftsführung und von Anteilseignern in Brandenburg, Hessen, im sächsischen Pirna und in Sachsen-Anhalt.

Ziel der Razzia sei die Beschlagnahmung von Vermögenswerten und Beweismitteln, hieß es in einer Mitteilung. Unter anderem wurde ein Haus im brandenburgischen Falkensee durchsucht, dessen Adresse im Impressum des Magazins genannt wird. Polizeibeamte trugen hier Exemplare des Magazins sowie technische Geräte aus dem Gebäude. 

»Compact«-Chefredakteur Jürgen Elsässer sprach von einem ungeheuerlichen Eingriff in die Pressefreiheit und sagte vor Reportern: »Was wir heute in der BRD haben, ist ein undemokratisches Regime, wie es das SED-Regime war.« 

Faeser begründet das Verbot damit, dass »Compact« ein »zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene« sei. Sie sagt: »Dieses Magazin hetzt auf unsägliche Weise gegen Jüdinnen und Juden, gegen Menschen mit Migrationsgeschichte und gegen unsere parlamentarische Demokratie.« Das Verbot zeige, »dass wir auch gegen die geistigen Brandstifter vorgehen, die ein Klima von Hass und Gewalt gegenüber Geflüchteten und Migranten schüren und unseren demokratischen Staat überwinden wollen«.

»Demokratiefeindliche Positionen«

Schon 2022 urteilte der Verfassungsschutz, das von Chefredakteur Elsässer geleitete Magazin trage »als multimediales Unternehmen demokratiefeindliche und menschenwürdewidrige Positionen in die Gesellschaft«. Die führenden Akteure des Magazins unterhalten Kontakte zu wichtigen Akteuren der sogenannten Neuen Rechten. 

Im Online-Shop von »Compact« konnte man zuletzt unter anderem auch eine Münze mit dem Konterfei des Thüringer AfD-Landesvorsitzenden Björn Höcke erwerben. Elsässer bringt seine Zuhörer bei Veranstaltungen mit Sprüchen wie »Ami go home und Freundschaft mit Russland« zum Johlen. Der AfD-Spitzenkandidat bei der Europawahl, Maximilian Krah, der nach mehreren Skandalen parteiintern in der Kritik steht, wurde von »Compact« als »Patriot« und »Agent des Volkes« auf den Titel gehoben.

Für das Verbot einer Organisation reicht es nicht, wenn diese eine verfassungsfeindliche Haltung vertritt. Weitere Voraussetzung ist, dass sie dies auch in aggressiv-kämpferischer Form tut. Das Bundesinnenministerium (BMI) führte in seiner Mitteilung aus, es sei zu befürchten, dass Leser und Zuschauer der Medienprodukte von »Compact« durch die Publikationen, die auch »offensiv den Sturz der politischen Ordnung propagieren, aufgewiegelt und zu Handlungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung animiert werden«. 

Außerdem attestiert das Ministerium dem Medienunternehmen ein »völkisch-nationalistisches Gesellschaftskonzept« und verweist auf dessen »Widerstands- und Revolutionsrhetorik«.

Kritik an Faeser von der AfD - Zuspruch von den Grünen

Die Co-Vorsitzenden der AfD, Tino Chrupalla und Alice Weidel, schrieben in einer gemeinsamen Mitteilung: »Wir beobachten diese Vorgänge mit großer Sorge.« Das Verbot sei »ein schwerer Schlag gegen die Pressefreiheit«. Zuspruch erhielt Faeser unter anderem von den Grünen. 

Der Parteivorsitzende Omid Nouripour schrieb auf der Plattform X: »Es ist absolut richtig, dass das BMI dieses antisemitische und rassistische Medium verbietet.« Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD), kommentierte: Der erfolgreiche Schlag gegen dieses verfassungsfeindliche Medium der Neuen Rechten ist ein klares Signal des Rechtsstaats an seine Feinde.«

Im vergangenen Jahr waren Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock kurz hintereinander im Bürgermeisterwahlkampf in Falkensee zu Gast, wo jetzt der Schwerpunkt der Durchsuchungen war. Scholz wurde bei dem Europafest im Juni 2023 angeschrien und ausgebuht. Eine Gruppe rief laut »Kriegstreiber«, »Frieden schaffen ohne Waffen« und »Hau ab!«.

Elsässer hat in dem Ort allerdings nicht nur Freunde. Ein Anwohner sagte einem Reporter während der Razzia, er wolle mit dem Verlag und seinen Vertretern nichts zu tun haben. dpa

Berlin

Gewaltbereite Israelfeinde planen Aufzug am 1. Mai

Die Behörden sehen viel Gewaltpotential. Sie wollen Tausende Polizeibeamte einsetzen

von Imanuel Marcus  23.04.2025

Nachruf

Förderer des katholisch-jüdischen Dialogs, aber auch harter Kritiker Israels

Papst Franziskus ist am Montag im Alter von 88 Jahren gestorben. Sein langjähriger Gesprächspartner, Rabbiner Jehoschua Ahrens, nimmt Abschied

von Rabbiner Jehoschua Ahrens  23.04.2025

Reaktionen

Freund und Bruder Franziskus – Juden verabschieden sich vom Papst

Mit Wärme und Respekt würdigen Vertreter der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland und weltweit den Papst. Nicht immer war das Verhältnis von katholischer Kirche und Judentum aber einfach, etwa nach dem 7. Oktober 2023

von Leticia Witte  23.04.2025

Uni-Besetzungen

Felix Klein fordert Antisemitismusbeauftragten für Berliner Hochschulen

Nachdem israelfeindliche Aktivisten einen Hörsaal der Humboldt-Universität verwüstet hatten, macht der Antisemitismusbeauftragte Druck beim Senat

 23.04.2025

Washington D.C./Jerusalem

Trump beschwört »völlige Einigkeit« zwischen USA und Israel

»Das Gespräch lief sehr gut. Wir stehen in allen Fragen auf der gleichen Seite«, erklärt der amerikanische Präsident nach einem Telefonat mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu

 23.04.2025

Umfrage

AfD erreicht historischen Höchstwert

Die in großen Teilen rechtsextremistische Partei überholt erstmals die Union

 23.04.2025

80 Jahre Kriegsende

Als der Krieg vorbei war - Die Deutschen und der lange Schatten der NS-Herrschaft

Der 8. Mai 1945 war der Tag der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands. Der Krieg war für die Deutschen vorbei, aber das Erbe des Nationalsozialismus lastete weiter auf ihnen

von Jürgen Prause  22.04.2025

Berlin

Uni-Präsidentin: »Besetzung und Zerstörung war genau geplant«

Während der Pessach-Feiertage richteten israelfeindliche Aktivisten in der Humboldt Universität viel Zerstörung an

 22.04.2025

Meinung

Am Beispiel Israels den eigenen Weg finden

In Deutschland sollte ein Ableger der Gedenkstätte Yad Vashem entstehen, findet Felix Klein, Antisemitismusbeauftragter der Bundesregierung

von Felix Klein  22.04.2025