Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat eine internationale Kommission zur Aufarbeitung des Münchner Olympia-Attentats von 1972 eingesetzt. Acht Forscherinnen und Forscher sollen eine umfassende wissenschaftliche Darstellung und Bewertung der Ereignisse vornehmen, wie das Ministerium am Freitag in Berlin mitteilte.
Die Einsetzung der Kommission ist Teil einer Vereinbarung der Bundesregierung mit den Hinterbliebenen der Opfer, die im vergangenen Jahr zum 50. Jahrestag des Überfalls auf die israelische Mannschaft geschlossen worden war.
Für den Zentralrat der Juden in Deutschland erklärte dessen Präsident Josef Schuster: »Die Einsetzung der Historikerkommission ist ein elementarer und längst überfälliger Schritt zur Aufarbeitung des palästinensischen Terrorattentats auf die israelische Olympiamannschaft in München 1972. Das Geschehen war von einem umfassenden und erschütterndem Staatsversagen begleitet.«
Die Aufarbeitung sei nicht nur im Sinne der Angehörigen der Opfer, so Schuster, der dem Bundesinnenministerium für den Schritt dankte. »Es sollte darüber hinaus zu mehr Verständnis und Sensibilität im Umgang mit palästinensischen Organisation führen, die diesen Terroranschlag auch heute noch gutheißen«, forderte der Zentralratspräsident.
Zwölf Opfer Am 5. September 1972 hatten palästinensische Terroristen Mitglieder der israelischen Mannschaft als Geiseln genommen. Die Befreiungsaktion auf dem Fliegerhorst Fürstenfeldbruck scheiterte. Am Ende starben elf Israelis, ein bayerischer Polizist und fünf Terroristen.
Die Hinterbliebenen aus Israel kämpften jahrzehntelang um eine Entschädigung, eine Entschuldigung und eine historische Aufarbeitung. Eine Einigung, unter anderem über 28 Millionen Euro Entschädigung, kam erst wenige Tage vor dem 50. Jahrestag zustande.
Innenministerin Faeser nannte es beschämend, »dass quälende Fragen viel zu lange offengeblieben sind«. Viel zu lange habe es an Aufklärung, Aufarbeitung, Transparenz und der Übernahme von Verantwortung gemangelt. Die Kommission werde auch die Geschichte vor und nach dem Attentat grundlegend untersuchen, sagte sie.
Historische Gerechtigkeit Ankie Spitzer aus dem Kreis der Angehörigen der Attentatsopfer, die mit der Bundesregierung die Vereinbarung ausgehandelt hatten, erklärte, die Aufarbeitung werde »hoffentlich zu historischer Gerechtigkeit beitragen«. Sie begrüßte, dass die Archive nun zugänglich gemacht würden.
Das Institut für Zeitgeschichte München-Berlin soll ein begleitendes Forschungsprojekt durchführen und die internationale Kommission bei ihrer Arbeit unterstützen. Bei den Mitgliedern der Kommission handelt es sich weit überwiegend um Historikerinnen und Historiker von Universitäten in Israel, Deutschland und Großbritannien. In die Arbeit der Kommission sollen den Angaben zufolge auch weitere Expertinnen und Experten eingebunden werden. Für den Herbst ist eine erste Tagung zum Projekt geplant. epd