Der »Wall Street Journal«-Reporter Evan Gershkovich ist frei. Gershkovich ist Teil des wohl größten Gefangenenaustauschs seit dem Ende des Kalten Krieges. Russland flog den Reporter und 15 weitere Gefangene am Nachmittag nach Ankara. Auf dem Rollfeld nahe der türkischen Hauptstadt warteten Maschinen aus Deutschland, Polen, Slowenien, Norwegen und den USA. An Bord: Acht Gefangene und zwei Kinder, die nach Russland fliegen sollten.
Gegen 17.30 Uhr wurde Gershkovich den US-Regierungsvertretern übergeben, wie sein Arbeitgeber, das »Wall Street Journal« berichtet. Am Abend wurde das erste Foto von Evan Gershkovich in Freiheit veröffentlicht.
Insgesamt umfasst der Gefangenenaustausch 26 Personen. Russland ließ fünf Deutsche, drei Amerikaner, eine Person mit Aufenthaltserlaubnis in den USA und sieben russische Staatsbürger frei.
Unter den vom Kreml freigelassenen Gefangenen befinden sich der US-Veteran Paul Wheelan und der amerikanisch-russische Radiojournalist Alsu Kurmasheva, sowie der deutsche Staatsbürger Rico K. Der Sanitäter wurde in Weißrussland zum Tode verurteilt, von Diktator Lukaschenko begnadigt und dürfte schon bald auf dem Weg nach Deutschland sein.
Russland bekommt im Austausch unter anderem den »Tiergarten-Mörder« Wadim Krassikow. Der Kreml hat schon lange ein Interesse daran, Krassikow freizubekommen. Der sitzt eigentlich eine lebenslange Haftstrafe ab, weil er im Sommer 2019 den georgisch-tschetschenischen Ex-Kämpfer Selimchan Changoschwili per Kopfschuss im Berliner Kleinen Tiergarten hingerichtet hatte.
Das Auswärtige Amt erklärte am Abend in einer Stellungnahme, dass sich die Bundesregierung diese Entscheidung nicht leicht gemacht habe. »Dem staatlichen Interesse an einer Vollstreckung der Freiheitsstrafe eines verurteilten Verbrechers standen die Freiheit, das körperliche Wohlergehen und – in einigen Fällen – letztlich auch das Leben unschuldig in Russland inhaftierter Personen und zu Unrecht politisch Inhaftierten gegenüber«, heißt es in der Mitteilung. »Unsere Schutzverpflichtung gegenüber deutschen Staatsangehörigen sowie die Solidarität mit den USA waren wichtige Beweggründe.«
Evan Gershkovich wurde erst am 23. Juli wegen angeblicher Spionage zu 16 Jahren strenger Lagerhaft verurteilt. Der 32 Jahre alte US-Reporter war im März 2023 festgenommen worden. Der russische Inlandsgeheimdienst FSB erhob die Spionage-Anschuldigungen gegen ihn. Laut Anklage solle er im Auftrag des US-Geheimdienstes CIA konspirativ Informationen über die Rüstungsfabrik Uralvagonzavod gesammelt haben. Die Verteidigung sagte, Gershkovich habe in der Region als Journalist recherchiert. ja/dpa