Meinung

Es waren einmal die Palästinenser

Ein »erfundenes Volk« seien die Palästinenser. Mit dieser Bemerkung hat Newt Gingrich, starker Mann der amerikanischen Republikaner und im Jahr 2012 potenzieller Herausforderer von Barack Obama, viel Kritik auf sich gezogen. Er hat den Palästinensern nämlich bescheinigt, nicht schon immer dagewesen zu sein. Saeb Erekat, palästinensischer Chefunterhändler, gab Gingrich den Tipp, er solle doch lieber erst einmal die Geschichte erforschen, ehe er sich zu Wort melde. Und der palästinensische Gouverneur von Nablus wollte jüngst gar mit der Erkenntnis auftrumpfen, »der erste Palästinenser« sei Jesus gewesen.

Nichts gegen historische Forschung, aber bei der kommt zunächst einmal heraus, dass das Land, das die Römer damals eroberten, »Judäa« heißt. Erst im Jahr 136 wurde es von Kaiser Hadrian in »Palästina« umbenannt. Und den Begriff »Palästinenser« im heutigen Sinne, als Bezeichnung für die Araber, die in einem Gebiet namens »Palästina« leben, gibt es gar erst seit 1968. Er taucht in der PLO-Charta auf, die ganz wesentlich von Jassir Arafat formuliert wurde. In Resolutionen der UNO kommt der Begriff erstmals 1974 vor.

Herzl Mit ihrer Behauptung, sie hätten mehrtausendjährige Wurzeln, tun sich die Palästinenser selbst keinen Gefallen. So wie sie erst 1968 »erfunden« wurden, kann man sagen, dass das biblische Volk der Juden erst 1897 von Theodor Herzl beim ersten Zionistischen Kongress in Basel »erfunden« wurde. Ob die Rede von der »Erfindung« hier oder bei Newt Gingrich richtig verwendet wurde, ist letztlich müßig: Es geht nicht um die Herkunft oder Geschichte der Völker, sondern um deren Eingliederung in die Familie der modernen Nationen.

Die Juden erhielten erst durch die Balfour-Deklaration der Briten 1917 und später durch UNO-Resolutionen die internationale Legitimation, in »Palästina« eine »nationale jüdische Heimstätte« zu gründen. Entsprechend erhielten die Palästinenser mit dem Auftritt Jassir Arafats vor der UNO-
Vollversammlung im Jahr 1974 internationale Anerkennung, ein Volk mit Anrecht auf einen eigenen Staat zu sein. 1993, im Rahmen der Osloer Verträge, hat Israel das ebenfalls anerkannt.

Alle modernen Nationen sind erst im Rahmen der Aufklärung entstanden. Ihre Existenz ist heute die Grundlage für das weltweit geltende System der Nationalstaaten und der Mitglieder in der UNO. Da spielt es keine Rolle, ob arabische Staaten wie Irak, Syrien und Jordanien künstlich von den Briten geschaffen worden sind oder Frankreich den Maghreb in Marokko, Algerien, Tunesien und Libyen aufgeteilt hat. Heute gilt ein Staatensystem. Dieses infrage zu stellen, würde bedeuten, dass kaum ein Staat eine Existenzberechtigung hätte. Staaten sind allesamt moderne »Erfindungen«. Aber solche, die existieren!

Der Autor ist freier Journalist in Jerusalem.

Nahost

Gruppe von Deutschen verlässt Gaza

Die Ausreise aus dem wegen des Terrors durch Ägypten und Israel blockierten Gazastreifen ist seit Beginn des Krieges vor eineinhalb Jahren noch schwieriger geworden

 02.04.2025

USA

Washington überprüft Fördergelder für Harvard-Universität

Die Begründung auch hier: der Kampf gegen Antisemitismus

 02.04.2025

Kommentar

Erdoğans Vernichtungswahn ist keine bloße Rhetorik

Der türkische Präsident hat nicht nur zur Auslöschung Israels aufgerufen, um von den Protesten gegen ihn abzulenken. Deutschland muss seine Türkeipolitik überdenken

von Eren Güvercin  01.04.2025

Essay

Warum ich stolz auf Israel bin

Das Land ist trotz der Massaker vom 7. Oktober 2023 nicht zusammengebrochen, sondern widerstandsfähig, hoffnungsvoll und vereint geblieben

von Alon David  01.04.2025

USA

Grenell könnte amerikanischer UN-Botschafter werden

Während seiner Zeit in Berlin machte sich Grenell als US-Botschafter wenig Freunde. Nun nennt Präsident Trump seinen Namen mit Blick auf die Vereinten Nationen. Aber es sind noch andere im Rennen

 01.04.2025

Literatur

Schon 100 Jahre aktuell: Tucholskys »Zentrale«

Dass jemand einen Text schreibt, der 100 Jahre später noch genauso relevant ist wie zu seiner Entstehungszeit, kommt nicht allzu oft vor

von Christoph Driessen  01.04.2025

Judenhass

Todesstrafen wegen Mordes an Rabbiner in Emiraten

Ein israelischer Rabbiner wurde in den Vereinigten Arabischen Emiraten getötet. Der Iran wies Vorwürfe zurück, die Täter hätten in seinem Auftrag gehandelt. Drei von ihnen wurden zum Tode verurteilt

von Sara Lemel  31.03.2025

Vereinten Nationen

Zweite Amtszeit für notorische Israelhasserin?

Wird das UN-Mandat von Francesca Albanese um drei Jahre verlängert? Das Auswärtige Amt drückt sich um eine klare Aussage

von Michael Thaidigsmann  31.03.2025

Meinung

Marine Le Pen: Zu Recht nicht mehr wählbar

Der Ausschluss der Rechtspopulistin von den Wahlen ist folgerichtig und keineswegs politisch motiviert

von Michael Thaidigsmann  31.03.2025