In der vergangenen Woche haben wir im Bundestag eine eindrückliche Debatte über Antisemitismus erlebt. Viele Redner aus ganz unterschiedlichen Fraktionen wirkten ehrlich entsetzt darüber, dass wir auch im Jahr 2018 noch oder schon wieder über eine besorgniserregende Ausbreitung des Antisemitismus in Deutschland sprechen müssen.
Bei der AfD wurde hingegen deutlich, dass sie dieses Thema in erster Linie instrumentalisieren will, um gegen Muslime Stimmung zu machen.
rechtspopulisten Die Rechtspopulisten werden der Lage nicht gerecht, platte Schuldzuweisungen helfen nicht weiter. So mühsam es ist, die unterschiedlichen Formen des Antisemitismus zu analysieren und nach Ursachen zu forschen, so notwendig ist es auch. Antisemitismus unter NPD-Anhängern hat andere Ursachen als bei Jugendlichen arabischer Herkunft oder BDS-Aktivisten.
Wer sich tiefer mit dieser Materie befasst, versteht rasch, warum die Einsetzung eines Antisemitismusbeauftragten sinnvoll ist und nicht naiv. Wirksame Strategien gegen all diese Formen von Judenhass zu entwickeln, kann nicht allein Aufgabe eines einzelnen Ministeriums sein. Es gilt, ressortübergreifend und unabhängig von Parteiinteressen nachhaltig an dem Thema zu arbeiten. Niemand denkt, ein Beauftragter alleine schaffe den Antisemitismus aus der Welt. Aber er kann Expertise versammeln oder zu weiterer Forschung anregen.
forderungen Der Antrag, den der Bundestag verabschiedet hat, macht deutlich, dass viel zu tun ist: Die Lehrpläne der Integrationskurse müssen ebenso überarbeitet wie das Versammlungs- und das Strafrecht überprüft werden, um das Verbrennen von Flaggen oder religiösen Symbolen besser ahnden zu können. Viele weitere Forderungen kommen hinzu.
Fest steht: Deutschland kann es sich nicht leisten, nichts zu tun. Ein Blick über die Grenze in einige europäische Nachbarländer zeigt uns, wohin dies führen kann. Solche Verhältnisse wollen wir nicht.
Der Autor ist Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland.