Herr Burgard, Anfang des Monats haben Sie Ihr Amt angetreten, in der kommenden Woche stellen Sie sich in Mainz der Öffentlichkeit vor. Wie werden Sie dabei Ihre Aufgaben beschreiben?
Ich bin zum Beauftragten bei der Ministerpräsidentin für jüdisches Leben und Antisemitismusfragen für Rheinland-Pfalz berufen worden. Es geht also um die Förderung jüdischen Lebens, das hier eine lange Tradition hat. Ich erwähne nur die drei SchUM-Städte Speyer, Worms und Mainz. Eine meiner Aufgaben ist es, die Weiterentwicklung jüdischen Lebens zu unterstützen.
Welchen Bezug haben Sie dazu?
Seit 1989 bin ich in der Gedenkarbeit aktiv, habe über Jahrzehnte bereits mit den Gemeinden und dem Landesverband vielfältige Kontakte. Acht Jahre lang war ich Bürgerbeauftragter des Landes und Beauftragter für die Landespolizei. Dabei habe ich mich auch mit ganz konkreten Fragen jüdischen Lebens beschäftigt.
Mit welchen?
Bei meinen Sprechtagen als Bürgerbeauftragter kamen zum Beispiel russischsprachige Zuwanderer mit Rentenproblemen zu mir. Oder ich wurde hinzugezogen, wenn eine jüdische Gemeinde nicht wusste, wie sie die Erschließungskosten für den Straßenausbau an ihrem Friedhof bezahlen sollte. Und als Polizeibeauftragter habe ich mich auch damit beschäftigt, wie die Sicherheit jüdischer Einrichtungen verbessert werden kann oder wo es judenfeindliche Vorfälle gab, denen man nachgehen muss.
Sie werden mit den Worten zitiert: »Wir wollen, dass sich Antisemitismus in Rheinland-Pfalz gar nicht erst entwickelt.« Soll das etwa heißen, dass Ihr Bundesland von Judenfeindlichkeit nicht so betroffen ist?
Nein, selbstverständlich nicht. Wir hatten im vergangenen Jahr 22 von der Polizei erfasste Vorfälle, allein in den vergangenen Wochen zwei: Bei Saarburg wurde ein Friedhof geschändet, im Gemeindehaus Speyer gab es einen versuchten Einbruch. Auch werden immer mehr judenfeindliche Schmähungen und Drohungen im Internet registriert. Und ebenso hat in Schulen oder Fußballstadien Antisemitismus zugenommen. Von diesem bundesweiten Phänomen ist Rheinland-Pfalz nicht ausgenommen.
Was wird dagegen getan?
Mit meiner Berufung als Antisemitismusbeauftragter wurde ein deutliches Zeichen gesetzt. Ich will ganz unbürokratisch Anlaufstelle für alle sein, die von Antisemitismus betroffen sind. Ich habe in der Staatskanzlei eine Art Stabsstelle, dort werden die Maßnahmen zwischen den einzelnen Ministerien koordiniert. Projekte und Veranstaltungen werden begleitet, die durch Begegnung und Information Vorurteile und Ressentiments gegenüber dem Judentum abbauen. Und bei der konkreten Ahndung judenfeindlicher Vorfälle gilt es, klare Kante zu zeigen. Darauf werde ich achten.
Mit dem neuen Antisemitismusbeauftragten von Rheinland-Pfalz sprach Detlef David Kauschke.