Meinung

Es gibt keine Antisemiten mehr

Fabian Wolff, Student und freier Journalist in Berlin Foto: Marco Limberg

Anmerkung der Redaktion (2. August 2023):

Als dieser Text von Fabian Wolff in der Jüdischen Allgemeinen erschien, glaubte die Redaktion Wolffs Auskunft, er sei Jude. Inzwischen hat sich Wolffs Behauptung als unwahr herausgestellt.

Kevin Barth von der Piratenpartei fragte neulich per Twitter, ob er denn Antisemit sei, nur weil er die »israelische Kackpolitik« und »den Juden an sich« unsympathisch finde. Eine gute Frage, die ihm auch sofort beantwortet wurde. Verantwortungsbewusst wie ein echter Pirat ist Kevin dann auch gleich von seinem Posten als Kreisvorsitzender Heidenheim zurückgetreten.

Es wäre fast traurig, wenn es nicht so lustig wäre. Marina, hilf! Schon Adorno und Horkheimer wussten: Es gibt gar keine Antisemiten mehr, nur Liberale, die ihre anti-liberale Meinung sagen wollen. Weil Antisemitismus durch die Schoa irgendwie diskreditiert wurde, muss er sich verstecken. Gegen alle geht es, nur nie gegen Juden. »Antisemit« ist der schlimmste Vorwurf – aus dieser Ecke kommt niemand raus.

Blut-und-Hoden-Roman Wenn es denn mal so wäre. Der Schriftsteller Thor Kunkel darf vom »philosemitischen Establishment« schwadronieren, weil sein furchtbarer Blut-und-Hoden-Roman »Endstufe« vor ein paar Jahren von vielen ganz richtig als Tendenzliteratur erkannt wurde. Nun hat die Süddeutsche Zeitung sein neues Buch besprochen, positiv.

So schlimm kann die Antisemitismus-Keule also nicht sein. Eine Nummer kleiner: Eine Dozentin meiner Universität verkündete neulich, dass Juden in Österreich und Freud im Besonderen die Bedrohung des Antisemitismus übertrieben darstellten, um ihren Lebensentwürfen vom verfolgten Außenseiter gerecht zu werden. Eben: Alles nur Einbildung, alles nur Wahn. Schließlich sagt die jüngste Studie, dass höchstens 20 Prozent ernsthafte Antisemiten sind. Höchstens.

Es gibt vielleicht einen Unterschied zwischen den ganz knallharten Judenhassern und den einfach nur Bescheuerten. Aber mit dem unreflektierten Ressentiment fängt es an. Das entwickelt sich dann vielleicht weiter zu einer echten, scheinbar intellektuell unterfütterten Ideologie.

Ein Freund, der gerade im gelobten Land, an der Ostküste der USA, ist, schrieb mir begeistert: »Drei Wochen hier und noch nichts passiert! Ich rede ganz offen, und den Leuten ist das total egal. Als ob ich Chinese oder Norweger wäre.« Das hört sich schön an. In Deutschland hat diese behauptete Indifferenz einen vorwurfsvollen Unterton – »Ich stell mich doch auch nicht als Protestant vor!« Hier sind viele über Antisemitismus so dermaßen hinweg, dass sie leugnen, dass es überhaupt Juden gibt.

Berlin

Baerbock über Bibas-Familie: »Ihr Schmerz ist kaum zu ertragen«

Die Außenministerin kritisierte auch die Hamas dafür, die lebenden Geiseln vorzuführen

 22.02.2025

Deutschland

Kontrollverlust

Viele Menschen fühlen sich nicht mehr sicher. Die Politik muss nach der Wahl endlich handeln, fordert unser Autor Marcel Reif

von Marcel Reif  22.02.2025

Berlin

Berlinale gedenkt Opfers des Angriffs am Holocaust-Mahnmal

Am Vorabend wurde ein spanischer Tourist von einem syrischen Flüchtling, der Juden töten wollte, mit einem Messer angegriffen

 22.02.2025

Berlin

Polizei vereitelt mutmaßlichen Anschlagsplan auf israelische Botschaft

In der Potsdamer Wohnung des Tatverdächtigen fand die Polizei Sprengstoff

 22.02.2025

Berlin

Messerangriff am Holocaust-Mahnmal – Täter wollte Juden töten

Ein syrischer Flüchtling stach einem spanischen Touristen in den Hals. Der Zustand des Opfers soll stabil sein

von Birgit Zimmermann, Matthias Arnold  22.02.2025

USA

Hitlergruß: Nach Musk nun Bannon?

Steve Bannon, einst Chefideologe von Donald Trump, hat bei einer Rede vor rechten Aktivisten eine umstrittene Geste gezeigt

von Michael Thaidigsmann  21.02.2025

Berlin

»Welt«-Gruppe gedenkt der Bibas-Familie

»All jene, die in Deutschland den Islamismus verharmlosen oder relativieren, sollten in die Gesichter der Bibas Kinder sehen«, betont »Welt«-Chefredakteur Jan Philipp Burgard

 21.02.2025

Interview

Haben Sie genug für Israel und für Juden in Deutschland getan, Herr Bundeskanzler?

Olaf Scholz (SPD) über die deutsche Staatsräson, seine Grünen-Koalitionspartner und die Bilanz der Ampel-Regierung bei jüdischen Themen

von Mascha Malburg, Philipp Peyman Engel  21.02.2025

Katrin Richter

Demokratie statt Lethargie

Wer nicht wählt, muss mit dem leben, was dann dabei herauskommt

von Katrin Richter  21.02.2025