Gedenken

»Es gibt kein Recht auf Vergessen«

Bundespräsident Steinmeier am Mittwoch auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen Foto: picture alliance/dpa

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat zum Holocaust-Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert und dazu aufgerufen, Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierung entgegenzutreten. »Wir gedenken der Millionen von Menschen, die in Konzentrationslager verschleppt, gefoltert und dort ermordet worden sind«, sagte Steinmeier am Mittwoch bei einem Besuch der brandenburgischen KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen in Oranienburg: »Der Ort mahnt uns, es gibt kein Recht auf Vergessen.«

»Die Opfer haben ein Recht auf Erinnerung«, betonte der Bundespräsident. Die Verantwortung ende jedoch nicht mit dem Erinnern, sondern bedeute, allen Formen des Antisemitismus, des Rassismus und jeder Form von Diskriminierung entschieden entgegenzutreten. »Es gibt kein Ende der Verantwortung«, sagte Steinmeier: »Wir müssen die Verantwortung weitertragen.« Es freue ihn deshalb auch, dass Umfragen zufolge die jüngere Generation wieder stärkeres Interesse an dem Thema zeige. Auch dafür seien die Gedenkstätten wichtig.

Der Bundespräsident besuchte die Gedenkstätte Sachsenhausen am Tag vor dem Holocaust-Gedenktag gemeinsam mit seiner Frau Elke Büdenbender und wurde dabei von Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke, Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke, Kulturministerin Manja Schüle (alle SPD) und dem Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Axel Drecoll, begleitet. Nach einem rund anderthalbstündigen Rundgang durch die Gedenkstätte wurden zur Ehrung der Opfer des Nationalsozialismus drei Kränze am Gedenkort in der früheren Hinrichtungsstätte »Station Z« niedergelegt.

In der Hinrichtungsstätte wurden unter anderem im Herbst 1941 innerhalb von zehn Wochen mehr als 10.000 sowjetische Kriegsgefangene in einer »Genickschuss-Baracke« ermordet. Steinmeier betonte, an Orten wie Sachsenhausen sei es auch darum gegangen, den NS-Völkermord einzuüben. Zwischen 1936 und 1945 waren in dem Konzentrationslager mehr als 200.000 Menschen inhaftiert. Zehntausende von ihnen wurden ermordet oder kamen auf andere Weise ums Leben.

Das Erinnern an den Holocaust und die Auseinandersetzung damit sei »eine immerwährende Aufgabe«, betonte Woidke: »Wir müssen uns, wann immer es nötig ist, gegen Nationalsozialismus, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit wehren und diejenigen in die Schranken weisen, die Hass und Ausgrenzung säen.«

Erinnern heiße, die Opfer zu würdigen, ihr Leid wahrzunehmen und neuen Gräueltaten durch Aufklärung vorzubeugen, erklärte Liedtke: »Hass und Hetze dürfen nie wieder siegen über Menschenrechte und Toleranz.« Es müsse auch gefragt werden, welche Folgen die NS-Erziehung weit über das Ende des Terrorregimes hinaus hatte, betonte Schüle: »Erst dann wird Aufarbeitung wahrhaftig.«

»Wir sind dankbar, dass der Bundespräsident anlässlich des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus diesen historischen Tatort der Verbrechen besucht hat«, betonte Drecoll. Die Gedenkstätten würden angesichts der »schwindenden Zeitzeugenschaft« für nachfolgende Generationen immer wichtiger.

Meinung

Wenn deutsche Ex-Diplomaten alle antiisraelischen Register ziehen

Deutschland darf nicht länger schweigen? Eine Erwiderung von Daniel Neumann auf den vielsagenden »FAZ«-Gastbeitrag ehemaliger Botschafter

von Daniel Neumann  18.04.2025

Einspruch

Niemals vergessen!

Eva Umlauf will nicht hinnehmen, dass immer mehr Deutsche einen Schlussstrich unter die NS-Zeit ziehen möchten

von Eva Umlauf  18.04.2025

Meinung

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025

Berlin

Drei Jahre Haft für Mustafa A.

Der Prozess gegen den Angreifer von Lahav Shapira ist am Donnerstag zu Ende gegangen. Das Amtsgericht Tiergarten ging von einem antisemitischen Motiv aus und sprach den Täter der gefährlichen Körperverletzung schuldig

 17.04.2025

Berlin

100 Strafverfahren nach Besetzung der Humboldt-Universität

Die Polizei ermittelt unter anderem wegen Hausfriedensbruch und Volksverhetzung. Während der Besetzung sollen Aktivisten mutmaßlich Urin aus einem Fenster geschüttet haben

 17.04.2025

Analyse

Kleinster gemeinsamer Nenner

Im Koalitionsvertrag von Union und SPD steht kaum Konkretes über Israel und den Kampf gegen Antisemitismus

von Michael Thaidigsmann  17.04.2025

Berlin

Weitere Zeugenvernehmungen im Prozess gegen Angreifer auf Lahav Shapira

Der Prozess gegen Mustafa A. am Amtsgericht Tiergarten geht weiter. Noch ist unklar, ob am heutigen Donnerstag das Urteil bereits gefällt wird

 17.04.2025

Sebnitz

»Keine Hakennasen«: Jobanzeige eines Dachdeckers sorgt für Empörung

Die Stadtverwaltung der sächsischen Kreisstadt hat gegen den Urheber einer Anzeige im Amtsblatt Strafantrag gestellt

 17.04.2025 Aktualisiert