Antisemitismus

»Es gibt Alarmzeichen«

Helmut Holter Foto: Blanka Weber

Herr Minister, nachdem eine Berliner Grundschülerin wegen ihres Glaubens bedroht wurde, wird eine Anzeigepflicht für antisemitische Vorfälle an Schulen gefordert. Was halten Sie davon?
Besondere Vorkommnisse, darunter auch antisemitische Vorfälle, sollten gemeldet werden. Die Länder sind zuständig für die Schulen. Wenn es gewollt ist, dass ein einheitliches Meldesystem eingeführt wird und diese Zahlen zu einer bundesweiten Statistik zusammengefasst werden, dann kann man das machen. Die aktuellen Vorkommnisse sind ein Alarmzeichen. Insofern ist der Vorschlag zu unterstützen.

In Berlin ist von »Einzelfällen« die Rede, in Bayern ist man davon überzeugt, dass es in den eigenen Schulen keine Fälle von Antisemitismus gibt. Meinen Sie, die Politik hat das Problem überhaupt erkannt?
Das hängt sicherlich damit zusammen, dass nicht jeder einzelne antisemitische Vorfall gemeldet wird, sondern dass man sich damit unmittelbar in der betroffenen Schule auseinandersetzt oder darüber hinweggegangen wird. Hier bedarf es einer größeren Sensibilität und einer Null-Toleranz-Grenze gegenüber Antisemitismus in Schulen.

Die 2011 von einer Expertenkommission erstellten Handlungsempfehlungen seien bis heute nicht konsequent umgesetzt worden, wird von verschiedenen Seiten kritisiert. Zu Recht?
Handlungsempfehlungen, die auf Bundesebene gegeben werden, brauchen tatsächlich sehr lange, bis sie vor Ort ankommen. So ist es auch mit den Handlungsempfehlungen zu Antisemitismus an Schulen. Das ist ein dickes Brett, was da gebohrt wird. Und wir müssen dafür sorgen, dass in den Ländern Lehrerinnen und Lehrer mit diesen Handlungsempfehlungen ausgestattet werden. Sie sind sehr hilfreich.

Um im Bild zu bleiben: Müsste nicht endlich schneller gebohrt werden?
Natürlich. Wir alle sind mit der aktuellen öffentlichen Diskussion aufgefordert, uns intensiv diesem Thema zu stellen.

Die Kultusministerkonferenz hält in der kommenden Woche mit dem Zentralrat der Juden eine Fachtagung zum Thema Judentum im Unterricht ab. Wird es dabei auch um die aktuellen Fragen gehen?
Die Fachtagung passt in jedem Fall zum Thema. Als wir sie gemeinsam geplant haben, konnte niemand wissen, dass Antisemitismus an den Schulen ein derart prominentes Thema in der Öffentlichkeit werden würde. Uns geht es darum, Judentum in der Schule zu vermitteln. Da geht es um Religion und Kultur. Es geht darum, die Geschichte von Jüdinnen und Juden in Europa darzustellen. Auch die Verbrechen, die am jüdischen Volk begangen wurden. Das ist ein guter Kontext, um gegen Antisemitismus in Schulen vorzugehen. Deswegen treffen wir damit genau den Kernpunkt der Debatte.

Mit dem Thüringer Bildungsminister und Präsidenten der Kultusministerkonferenz sprach Detlef David Kauschke.

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Faktencheck

Berichte über israelischen Pass Selenskyjs sind Fälschung

Ukrainische Behörden ermitteln wegen hochrangiger Korruption. Doch unter diesen Fakten mischen sich Fälschungen: So ist erfunden, dass bei einer Razzia ein israelischer Pass Selenskyjs gefunden wurde

 20.12.2025

Analyse

Ankaras Machtspiele

Manche befürchten schon einen »neuen Iran«. Warum Israel die Türkei zunehmend als Bedrohung wahrnimmt

von Ralf Balke  20.12.2025

Bundestag

Zentralrat verteidigt Weimers Gedenkstättenkonzept

Der Ausschuss für Kultur und Medien hörte Experten zu der Frage an, ob über den Holocaust hinaus auch andere Verbrechen Teil der deutschen Erinnerungskultur sein sollen

 19.12.2025

Frankreich

Drei Jahre Haft für antisemitisches Kindermädchen

Ein französisches Gericht hat eine Algerierin zur einer Gefängnisstrafe verurteilt, weil sie einer jüdischen Familie Reinigungsmittel ins Essen, Trinken und die Kosmetika mischte

 19.12.2025

Berlin

Bericht über Missbrauch internationaler Hilfe durch Hamas im Bundestag vorgestellt

Olga Deutsch von der Organisation NGO Monitor sagt, während die Bundesregierung über Beiträge zum Wiederaufbau Gazas berate, sei es entscheidend, auf bestehende Risiken hinzuweisen

von Imanuel Marcus  19.12.2025

Meinung

Heute Juden, morgen Christen

Judenhass führt konsequent zum Mord. Dafür darf es kein Alibi geben

von Rafael Seligmann  19.12.2025

Tel Aviv/Berlin

Israel unterzeichnet weiteren Vertrag mit Deutschland über Raketenabwehr

Es handelt sich um das größte Rüstungsgeschäft in der Geschichte des jüdischen Staates

 19.12.2025

Sydney/Canberra

Nach Terroranschlag von Bondi Beach: Australien plant nationalen Trauertag

Die Regierung kündigt zudem umfassende Maßnahmen an. Dazu gehört eine landesweite Rückkaufaktion für Schusswaffen

 19.12.2025