Herr Rachman, auf Ihrer Facebook-Seite sieht man in einem Video, wie Sie Israelis an der ukrainischen Grenze helfen. Wo sind Sie genau, und wie helfen Sie?
Wir haben unsere Basis in einer polnischen Stadt an der Grenze zur Ukraine. Wir arbeiten aber an drei verschiedenen Grenzübergängen. Auf dem Video sieht man uns auf der ukrainischen Seite. Von unserer Basis aus koordinieren wir Busse, die von Lwiw zur Grenze nach Polen fahren. In den Bussen sitzen Israelis und Nichtisraelis, Juden und Nichtjuden. Von diesen Bussen fahren mehrere am Tag. Wir versuchen, sie zum jeweils am wenigsten überfüllten Übergang zu navigieren. Wobei alle sehr überfüllt sind. Dort helfen unsere Teams jenen, die keine Dokumente haben. Israelis bekommen von uns temporäre Reisepapiere.
Versorgen Sie auch ukrainische Juden mit Papieren, die Alija machen wollen?
Nein, dafür sind Repräsentanten der Jewish Agency vor Ort. Aber wenn eine solche Person in einem unserer Busse nach Polen ist, ist das natürlich kein Problem. Die Person kann das Alija-Verfahren dann in Polen durchlaufen.
Haben Sie mitbekommen, dass andere Staaten für ihre Bürger an Ort und Stelle einen derartigen Service organisieren wie Sie für die Israelis?
So etwas ist mir nicht bekannt. Ich habe keine diplomatischen Vertreter anderer Staaten an den Grenzen gesehen. Ich kann es nicht sicher sagen, aber gesehen habe ich jedenfalls keine.
Was sagen Ihnen die Leute, die Sie treffen? Ist die Angst gestiegen?
Wir sprechen gar nicht so viel mit den Leuten. Meist fahren wir nur schnell rein und wieder raus, bringen dabei eine Ladung warme Decken und Energieriegel mit, was die Menschen sehr begrüßen, auch wenn es zum Teil eine Versorgung mit warmen Suppen und Ähnlichem gibt. Erst einmal auf der polnischen Seite angekommen, gibt es eine Menge Unterstützung durch lokale Freiwillige und internationale Helfer. Es herrscht kein Mangel an Versorgung. Heute habe ich in Polen im Bahnhof auch israelische Freiwillige gesehen. Das ist wirklich herzerwärmend. Sogar Futter für ihre Hunde bekommen die Geflüchteten. Man muss wissen, dass die Menschen an der Grenze viele, viele Stunden warten müssen.
Wie ist Ihr allgemeiner Eindruck der Situation vor Ort?
Es ist eine Tragödie. Davon bleibt man emotional nicht unberührt. Ich sah einen Mann, der sich von seiner Familie verabschieden musste, weil er selbst nicht ausreisen darf. Er und seine Familie wissen nicht, wann und ob sie sich wiedersehen können. Das erinnert mich an Geschichten, die ich von meinen Eltern aus früherer Zeit gehört habe. Das ist wirklich schwierig. Es bricht einem das Herz.
Mit dem israelischen Diplomaten sprach André Anchuelo.