Interview

»Es braucht eine klare Ansage«

Maram Stern Foto: Marco Limberg

Interview

»Es braucht eine klare Ansage«

Maram Stern über den künftigen Papst und den stockenden jüdisch-christlichen Dialog

 28.04.2025 18:17 Uhr

Herr Stern, in den nächsten Tagen wird ein neuer Papst gewählt. Welche inhaltlichen oder symbolischen Signale wären aus Ihrer Sicht in den ersten Monaten besonders wichtig?
Wer immer der neue Papst wird, muss deutlich aussprechen, dass der Kampf gegen Antisemitismus für ihn und für die Kirche Priorität hat. Es braucht hier wieder eine klare Ansage. Der Vatikan muss dagegen angehen – ohne Wenn und Aber.

In den vergangenen Jahren scheint der Dialog zwischen dem Jüdischen Weltkongress und dem Heiligen Stuhl etwas ins Stocken geraten zu sein.
Ja, er ist regelrecht eingeschlafen. Der Gesprächsfaden muss wiederaufgenommen werden. Wir müssen auf Augenhöhe miteinander sprechen. Früher hatten wir einen regelmäßigen Austausch, doch seit einiger Zeit hat der Dialog deutlich abgenommen. Zwar gab es bis vor ein paar Monaten einen guten Austausch mit Papst Franziskus persönlich, aber auf institutioneller Ebene existiert der Dialog nur noch pro forma.

Woran liegt das?
Ein bisschen ist es wohl Angst, ein bisschen Unsicherheit und ein wenig auch Desinteresse seitens der Kurie. Zusammen genommen ergibt das den momentanen Zustand. Manche haben vergessen oder wollen nicht verstehen, dass die Wurzeln des Christentums im Judentum liegen. Aber es kann doch nicht sein, dass in Rom nur ein einziger Kardinal für den Austausch mit den Juden zuständig ist. Es sollte eigentlich jeder Verantwortliche den Dialog suchen, das kann doch nicht fachgebunden sein. Die Kirche predigt zu Recht, dass jeder mit jedem reden soll. Dialog ist Teil ihrer DNA, oder etwa nicht?

Welchen Einfluss hat der Gaza-Krieg darauf, dass der Dialog stagniert?
Leider einen sehr großen. Einige verstehen nicht, dass die jüdische Gemeinschaft nicht Krieg führt. Hinzu kommt: Papst Franziskus hat zwar Familienangehörige der israelischen Geiseln empfangen. Aber der Vatikan hat sich einseitig positioniert. Er protestiert nicht deutlich genug gegen die menschenunwürdigen Bedingungen, unter denen die Hamas die Geiseln seit vielen Monaten festhält.

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Papst Franziskus war in Auschwitz, er hat Synagogen besucht und in Jerusalem an der Kotel gebetet. Wie wichtig sind solche päpstlichen Gesten?
Extrem wichtig! Der Papst spricht schließlich für die gesamte katholische Kirche – im Namen von mehr als 1,3 Milliarden Menschen weltweit.

Wenn Sie dem neuen Papst eine Botschaft mit auf den Weg geben könnten, was würden Sie ihm sagen?
Sprechen Sie sich gegen Antisemitismus aus, am besten jeden Tag aufs Neue. Denn ein Angriff auf einen Juden ist auch ein Angriff auf die Kirche. Ich glaube, das wird immer noch nicht ganz verstanden.

Mit dem geschäftsführenden Vizepräsidenten des Jüdischen Weltkongresses (WJC) sprach Tobias Kühn.

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