Berlin

»Es braucht eine andere Iran-Politik«

Doron Kiesel, Esther Schapira, und Christian Staffa (v.l.) im Gespräch am Sonntagnachmittag Foto: Chris Hartung

In Berlin ist am Sonntagnachmittag die Tagung der Bildungsabteilung des Zentralrats der Juden in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Akademie gestartet. Zu dem Thema: »Die Macht der Projektion – Antiisraelische Obsessionen als Weltwahrnehmung« werden sich die Gäste drei Tage lang austauschen.

»Aktueller kann man eine Veranstaltung nicht planen«, sagte Thomas Krüger von der Bundeszentrale für politische Bildung gleich zu Anfang. Und so war der nächtliche Angriff des Irans auch direkt Thema der ersten Podiumsdiskussion mit der Journalistin Esther Schapira.

»Das ist nicht einfach eine weitere Eskalation, sondern eine Zäsur«, stellte Schapira klar. Der Iran habe den ersten direkten Angriff eines Staates auf Israel seit 33 Jahren ausgeführt. Sowohl Professor Doron Kiesel vom Zentralrat der Juden als auch Esther Schapira zeigten sich erleichtert darüber, dass Israel den Angriff weitestgehend abwehren konnte.

Schapira sagte, sie könne die deutschen Appelle nach Mäßigung, die Angst vor der Eskalation eines ganz großen Krieges, zwar sehr gut verstehen. Allerdings werde hier selten verstanden, dass es für Israel ums Ganze, ums Überleben gehe. »Was es jetzt braucht, ist eine grundsätzlich andere deutsche Positionierung. Und die bedeutet eine grundsätzlich andere Iranpolitik.« Schapira forderte, die Revolutionsgarden auf die Liste der Terrororganisationen zu setzen, die Betätigungsmöglichkeiten des Iran in Deutschland zu erschweren und hiesige Finanzströme zerschlagen. Sie nannte als Beispiel das Islamische Zentrum in Hamburg als Außenposten des iranischen Regimes und der Hisbollah.

Mit der Bereitschaft der westlichen Staaten, aber auch gerade Jordaniens und Saudi-Arabiens, Israel in dieser Angriffsnacht beiseite zu stehen, ergebe sich die einmalige Chance, dass auch Deutschland sich an einem breiten Bündnis gegen die iranische Bedrohung aktiv beteilige, überlegte Schapira. »Auch um den Preis, dass es ungemütlich wird. Auch bei uns. Natürlich steigt dadurch die Terrorgefahr.«  Aber Israels Existenzrecht, sein Recht der Selbstverteidigung, bedeute eben auch ein Anrecht auf Unterstützung der Verbündeten. »Das muss ja nicht zwingend eine aktive militärische Beteiligung sein« ergänzte die Journalistin.  Aber wenn es der deutschen Regierung nicht gelinge, sich klar politisch zu positionieren, werde eine wertvolle Chance vertan.

Schapira wagte eine erste Prognose der Bedeutung für das israelische Selbstbild: »Der 7. Oktober war eine tiefe Verletzung der Wehrhaftigkeit der israelischen Armee, der Solidarität und der Menschlichkeit. Insofern hat diese geglückte Abwehr vielleicht ein Stück heilende Wirkung.«

Es sei jedoch auch nur eine Frage der Zeit, fügte Doron Kiesel hinzu, dass diese israelische Erfahrung der letzten Nacht in den Reden und Köpfen Anderer umgeschrieben werde. Um diese Lust an der Projektion, um die Zuschreibungen, solle es in den nächsten Tagen gehen.

Nach dem Gespräch wurde aus der Korrespondenz zwischen dem israelischen Soziologen Natan Sznaider und dem deutsch-iranische Schriftsteller Navid Kermani gelesen.

USA

Nach Hitlergruß-ähnlicher Geste: Musk legt mit Nazi-Wortspiel noch mal nach

Die Menschenrechtsorganisation Anti-Defamation League reagiert mit klaren Worten

 23.01.2025

Auschwitz-Gedenken

Kanzler Scholz: Ausgrenzung von Juden heute ist empörend und beschämend

Vor 80 Jahren wurden das KZ Auschwitz befreit. Bundeskanzler Scholz nutzt den Anlass, Antisemitismus zu verurteilen. Jeder einzelne sei aufgefordert, gegen judenfeindliche Handlungen anzugehen

von Birgit Wilke  23.01.2025

Meinung

Israel braucht einen neuen Plan

Die Zweifel sind zur Gewissheit geworden: Einen vollständigen militärischen Sieg über die Hamas wird es nicht geben

von Joshua Schultheis  23.01.2025

Meinung

Kennen Sie Abed Hassan?

Medien feiern den Berliner als »deutsche Stimme aus Gaza«, dass er den Terror der Hamas verharmlost, scheint sie nicht zu stören

von Susanne Stephan  23.01.2025 Aktualisiert

Washington D.C.

Trump-Gesandter sieht Nahen Osten am »Wendepunkt«

Der Nahost-Gesandte des neuen Präsidenten betrachtet die Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas als »unglaubliche Chance für die Region« und finanziellen Profit. Wird ein historisches Abkommen nun erweitert?

 23.01.2025

Berlin

Klein: Migranten müssen unser Verhältnis zu Israel begreifen

Der Bundesbeauftragte für den Kampf gegen Antisemitismus spricht über Erinnerungskultur in der Migrationsgesellschaft und den Krieg in Gaza

 23.01.2025

Umfrage

Jeder zehnte junge Erwachsene hat den Begriff Holocaust noch nie gehört

80 Jahre nach der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz wird die Aufklärung über die Schoa noch komplizierter. Eine Umfrage der Jewish Claims Conference zeigt Wissenslücken und eine große Sorge

 23.01.2025

Berlin

Weidel, Wagenknecht und ihr Hitler-Streit im TV 

BSW-Chefin Wagenknecht und AfD-Chefin Weidel treffen erneut im Fernsehstudio aufeinander – und schenken sich dieses Mal nichts. Es wird dabei ziemlich persönlich

von Jörg Ratzsch  22.01.2025

Bayern

Zentralrat der Juden: »Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen des zweijährigen Jungen und des Mannes, der ihm zur Hilfe eilen wollte«

Ein Messerangriff in Aschaffenburg hat zwei Todesopfer und mehrere Verletzte gefordert. Unter den Toten ist ein Kind einer Kita-Gruppe. Die Ermittlungen laufen, das Entsetzen ist groß. Auch der jüdische Dachverband reagiert

von Leticia Witte  22.01.2025