55 Jahre nach dem Brandanschlag auf das Altersheim der Israelitischen Kultusgemeinde in München, bei dem sieben Menschen starben, darunter zwei Holocaustüberlebende, hat die Generalstaatsanwaltschaft München die Ermittlungen wieder aufgenommen. Oberstaatsanwalt Andreas Franck hatte Ende Januar zuvor ein Prüfverfahren eingeleitet, nachdem sich eine Person mit Hinweisen zu dem Fall gemeldet hatte.
Franck, der auch als Antisemitismusbeauftragter der bayerischen Justiz fungiert, teilte dieser Zeitung mit, er habe gemeinsam mit Beamten des Staatsschutzes des Polizeipräsidiums München in einem Vorermittlungsverfahren die neuen Erkenntnisse auf ihre Plausibilität hin geprüft. Der Verdacht gegen die von der Hinweisgeberin genannte Person erscheine »nachvollziehbar«, so der Ermittler.

Die Generalstaatsanwaltschaft München habe ein Ermittlungsverfahren eröffnet, obwohl die verdächtige Person bereits verstorben sei, so Franck weiter. Ziel der Ermittlungen sei in erster Linie die Klärung der Täterschaft der verdächtigten Person, insbesondere die mögliche Motiv für den Brandanschlag. Zur verdächtigten Person wollte Franck zunächst aber keine weiteren Angaben machen.
»Wenn sich dabei Hinweise auf noch lebende Tatbeteiligte ergeben sollten, wird auch dem nachgegangen«, erklärte der Oberstaatsanwalt auf Nachfrage dieser Zeitung. Grund sei die Schwere des Verbrechens. »In einer langen Reihe von Anschlägen gegen Juden nach 1945 war dies einer der schlimmsten«, so Franck. »Es ist Aufgabe von Justiz und Polizei, hier soweit als möglich aufzuklären – auch wenn der mögliche Täter bereits verstorben ist.«
Das Altenheim befand sich im damaligen Gemeindezentrum der IKG in der Reichenbachstraße. Brennendes Benzin im Flur hatte den Opfern den Fluchtweg versperrt. Zum Zeitpunkt des Anschlags, der zu Beginn des Schabbat stattfand, waren rund 50 Menschen in dem Gebäudekomplex. Neben den sieben Todesopfern wurden weitere 15 Personen verletzt.
Bei der Trauerfeier für die Toten gelobten der damalige Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) und sein Innenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP), alles zu tun, um den Fall aufzuklären. »Sie alle, die Sie heute hier sind, sind Zeugen dieses Versprechens«, sagte Genscher damals.
Vor einigen Jahren hatte die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe den Fall an sich gezogen, die Ermittlungen dann aber vorläufig eingestellt. Nun wurde offenbar der Weg für neue Ermittlungen durch die Generalstaatsanwaltschaft in München frei gemacht. (mit dpa)