Hanau

Ermittlungen zu Anschlag eingestellt

Gedenken an die Opfer des Terroranschlags Foto: imago images/rheinmainfoto

Der Attentäter von Hanau hatte bei seinem rassistischen Anschlag vom 19. Februar 2020 mit neun Toten nach Einschätzung der Bundesanwaltschaft keine Mitwisser oder Gehilfen. Das gegen Unbekannt geführte Ermittlungsverfahren zu dem Anschlag sei eingestellt worden, teilte die Bundesanwaltschaft am Donnerstag in Karlsruhe mit. Auch für eine Tatbeteiligung seines Vaters sehen die Ermittler keine Anhaltspunkte. »Nach Ausschöpfung aller relevanten Ermittlungsansätze haben sich keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Beteiligung weiterer Personen als Mittäter, Anstifter, Gehilfen oder Mitwisser ergeben«, hieß es.

Als Ergebnis der Ermittlungen sei festzuhalten, dass der 43-jährige Tobias R. »aus einer rassistischen Motivation heraus« insgesamt neun Menschen erschossen und zahlreiche weitere Menschen teils schwer verletzt habe, hieß es. Anschließend sei er in das auch von ihm bewohnte Elternhaus zurückgekehrt, wo er zunächst seiner Mutter und dann sich selbst mit einer Schusswaffe das Leben genommen habe.

Eine von mehreren Angehörigen der Todesopfer sowie Überlebenden des Anschlags gegen den Vater von Tobias R. erstattete Strafanzeige wird zudem kein Ermittlungsverfahren nach sich ziehen, wie die Bundesanwaltschaft erklärte. Darin hatten diese dem Mann Beihilfe zum Mord oder zumindest eine Nichtanzeige geplanter Straftaten vorgeworfen. »Es wurden keine Verdachtsmomente dafür zu Tage gebracht, dass der Vater des Attentäters in irgendeiner Weise an den Tötungen beteiligt war oder auch nur im Vorfeld Kenntnis von ihnen erlangt hatte«, befanden die Ermittler.

Angehörige hatten sich in der »Initiative 19. Februar Hanau« zusammengeschlossen. Sie fordern eine lückenlose Aufklärung der Tat und Konsequenzen daraus. Als Reaktion auf die Einstellung der Ermittlungen hieß es von der Initiative, man halte die Rolle des Vaters von Tobias R. für »nicht ausermittelt«. Auch blieben offene Fragen wie die zur Waffenerlaubnis für den Täter sowie zu dem in der Tatnacht überlasteten Hanauer Polizei-Notruf 110 bestehen. Ein Behördenversagen stehe damit weiter im Raum. 

Die Bundesanwaltschaft und das Bundeskriminalamt gingen nach eigenen Angaben rund 300 Hinweisen und Spuren zur Aufklärung der Hintergründe des Anschlags nach, darunter auch Anregungen der Opferanwälte. Es seien zahlreiche Kontaktpersonen intensiv in den Blick genommen worden, mit denen Tobias R. in seinen letzten Jahren in Verbindung gestanden habe. »Insgesamt wurden über 400 Zeugen vernommen sowie mehrere Hundert Asservate durch die Kriminaltechnik untersucht«, hieß es. »Dabei haben sich keine Hinweise darauf ergeben, dass andere Personen in die Anschlagspläne von Tobias R. eingeweiht gewesen sein könnten.«

Ebenso hätten sich aus den Umständen des Erwerbs der bei den Taten verwendeten Schusswaffen keine Rückschlüsse auf mögliche weitere Beteiligte oder Mitwisser ergeben. »Die Schusswaffen befanden sich legal im Besitz von Tobias R. Anhaltspunkte dafür, dass der jeweilige Vorbesitzer eine Anschlagsbegehung durch Tobias R. für möglich gehalten hat, haben die Ermittlungen nicht zu Tage gefördert«, hieß es. Gleiches gelte für die Veranstalter von Schießtrainings im Ausland, die der Täter besucht hatte, sowie für die Mitglieder von Schützenvereinen, bei denen er Mitglied war.

»Die im Zusammenhang mit der Tatvorbereitung stehenden Handlungen hat Tobias R. alleine und eigenverantwortlich vorgenommen«, hieß es auch mit Blick auf Pamphlete mit Verschwörungstheorien und rassistischen Ansichten, die der Täter im Internet veröffentlichte. Es hätten sich keine Hinweise ergeben, dass andere Personen wissentlich an der Erstellung des Textes der Tatbegründung sowie an der Einrichtung der Homepage, auf der er Videomaterial und andere Inhalte veröffentlichte, mitwirkten. 

Unter den Toten des Anschlags waren Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili-Viorel Păun, Fatih Saracoglu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov. Der Generalbundesanwalt hatte die Ermittlungen in der Tatnacht an sich gezogen. 

Derzeit läuft auch ein Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtags, der vor allem der Frage nachgeht, ob es vor, während oder nach der Tat zu einem Behördenversagen gekommen ist. In der zweiten öffentlichen Sitzung des Ausschusses werden an diesem Freitag drei weitere Angehörige von Anschlagsopfern als Zeugen gehört, danach stehen zwei weitere öffentliche Sitzungstermine am 20. Dezember sowie am 21. Januar kommenden Jahres an, bei denen Angehörige zu Wort kommen sollen. 

USA

Hitlergruß: Nach Musk nun Bannon?

Steve Bannon, einst Chefideologe von Donald Trump, hat bei einer Rede vor rechten Aktivisten eine umstrittene Geste gezeigt

von Michael Thaidigsmann  21.02.2025

Berlin

»Welt«-Gruppe gedenkt der Bibas-Familie

»All jene, die in Deutschland den Islamismus verharmlosen oder relativieren, sollten in die Gesichter der Bibas Kinder sehen«, betont »Welt«-Chefredakteur Jan Philipp Burgard

 21.02.2025

Interview

Haben Sie genug für Israel und für Juden in Deutschland getan, Herr Bundeskanzler?

Olaf Scholz (SPD) über die deutsche Staatsräson, seine Grünen-Koalitionspartner und die Bilanz der Ampel-Regierung bei jüdischen Themen

von Mascha Malburg, Philipp Peyman Engel  21.02.2025

Katrin Richter

Demokratie statt Lethargie

Wer nicht wählt, muss mit dem leben, was dann dabei herauskommt

von Katrin Richter  21.02.2025

Berlinale

»Das verdient kein öffentliches Geld«

Der Berliner CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hat seine Karte für die Abschlussgala zerrissen – und will die Förderung für das Filmfestival streichen

von Ayala Goldmann  21.02.2025

Demoskopie

Abstimmung gegen Antisemitismus?

So wahlentscheidend sind jüdische Themen

von Michael Thaidigsmann  20.02.2025

Berlin

KZ-Gedenkstätten: Wählen gehen für die Demokratie

Rutscht die Gesellschaft weiter nach Rechts? Die Arbeitsgemeinschaft der KZ-Gedenkstätten sieht die Bundestagswahl als Chance, diesen Trend zu stoppen

 20.02.2025

Igor Mitchnik

Europa muss sich hinter die Ukraine stellen

Trump denkt nicht transatlantisch, sondern transaktional

von Igor Mitchnik  20.02.2025

WHO

Polio-Impfkampagne im Gazastreifen geht weiter

Weil das Poliovirus wieder in Abwasserproben nachgewiesen wurde, sollen in Gaza erneut etliche Mädchen und Jungen gegen Kinderlähmung geimpft werden. Start der Kampagne ist bereits in wenigen Tagen.

 19.02.2025