Bis zum Samstag war die Entscheidung der Bayerischen Gedenkstätten, das Gelände und den Eingangsbereich des ehemaligen KZ Dachau nicht per Video zu überwachen, richtig. Seit Sonntagmorgen aber, als entdeckt wurde, dass das Lagertor mit der Inschrift »Arbeit macht frei« gestohlen worden war, ist diese Entscheidung falsch.
Wir müssen, auch wenn sich in uns vieles dagegen sträubt, eine Videokamera installieren, durch die Täter überführt werden können. Wir leben in einer Zeit, in der mit Technik beinah alles überwacht werden kann. Im Polizeipräsidium sollte ein Monitor stehen, der den Eingangsbereich der Gedenkstätte zeigt. Binnen drei Minuten könnte die Polizei vor Ort sein.
symbolcharakter Das KZ Dachau hat Symbolcharakter. Im März 1933, nur kurz, nachdem die Nazis die Macht ergriffen hatten, wurde es eröffnet. Bis heute verbindet man in der ganzen Welt mit dem Namen der Stadt das Grauen, das im Lager herrschte. Es gibt KZ-Gedenkstätten in Deutschland, da stehen kein Tor und kein Zaun Besuchern im Weg. Das ist gut so, denn die Erinnerung an die Opfer der Nazis darf nicht an Öffnungszeiten gebunden sein.
Aber die Gedenkstätten erinnern nicht an eine Zeit, die mit der Gegenwart nichts mehr zu tun hätte. Es leben noch Menschen, die dem NS-Terror entkommen konnten. Für sie ist das würdige Gedenken an ihre Familienmitglieder, die ermordet wurden, von unbeschreiblich großer Bedeutung. Auch Täter sind noch da, die unbehelligt leben und hoffen, sich nicht mehr vor Gericht für ihre Taten verantworten zu müssen. Und neue Nazis tauchen auf, die mit Gewalt Angst und Schrecken verbreiten.
Weil wir durch den schändlichen Raub von Dachau daran erinnert wurden, dass dies so ist, fordern wir, dass die Gedenkstätte Dachau und jeder andere von Diebstahl und Verwüstung bedrohte Erinnerungsort wirkungsvoll gesichert werden.
Der Autor ist Schoa-Überlebender und Vorsitzender der Lagergemeinschaft Dachau.