Holocaust

Erinnern am Wannsee

Rund 100 geladene Gäste haben am Donnerstagvormittag bei einer Feierstunde der israelischen Botschaft in Berlin an den Eichmann-Prozess vor 50 Jahren erinnert. Im Garten der Gedenkstätte »Haus der Wannsee-Konferenz«, wo im Januar 1942 führende Nazis die Vernichtung des europäischen Judentums planten, versammelten sich israelische Soldaten und Regierungsvertreter sowie deutsche Politiker und Mitglieder der Jüdischen Gemeinde zu Berlin.

»Was für eine Geschichte: die Soldaten der IDF hier!« So drückte Yossi Peled, israelischer Staatsminister im Amt des Ministerpräsidenten, seine Genugtuung darüber aus, dass der jüdische Staat die zentrale Gedenkfeier an den Prozess gegen Adolf Eichmann, einen der Hauptorganisatoren des Holocaust, ausgerechnet am Berliner Wannsee durchführt. Der israelische Rundfunk übertrug die anderthalbstündige Zeremonie live im Fernsehen.

geschichte Im Mai 1960 wurde Eichmann in Argentinien aufgegriffen und nach Israel gebracht. Dort musste er sich vor dem Jerusalemer Bezirksgericht wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und gegen das jüdische Volk verantworten. Die Richter befanden ihn für schuldig und verurteilten ihn zum Tode. Am 31. Mai 1962 wurde Eichmann hingerichtet. Der Prozess erregte weltweit Aufsehen und wirkte auf den jungen jüdischen Staat identitätsstiftend.

»Die Welt erfuhr aus erster Hand«, was während der Schoa geschehen war, erinnerte der israelische Botschafter in Deutschland, Yakov Hadas-Handelsman, an die Gerichtsverhandlungen. »Täter und Opfer kamen zu Wort.«

»Zum ersten Mal wurden die Geschichten ihrer Generation in der Öffentlichkeit gehört«, erzählte die 22-jährige Offizierin Eiliel Semel über die Bedeutung des Eichmann-Prozesses für ihre Großmutter, die das Vernichtungslager Auschwitz überlebt hat. »Ich bin tief bewegt, heute – auf Hebräisch! – an dem Ort zu sprechen, wo vor 70 Jahren das Schicksal meiner Großmutter besiegelt wurde.«

Dimension Staatsminister Eckart von Klaeden hob in seiner Ansprache die Bedeutung des Eichmann-Prozesses für Deutschland hervor: »Der Prozess enthüllte die industrielle Dimension des Judenmordes und zeigte, wie tief die Verstrickung vieler Deutscher in das System war«, sagte er. Das Gerichtsverfahren gegen Adolf Eichmann habe einen Beitrag für mehr Gerechtigkeit in der Welt geleistet.

Dass Israel auch heute bedroht ist, betonte Minister Yossi Peled, der die Schoa als Kind überlebt hat. Im Garten vor der Villa am Wannsee appellierte er: »Aus diesem Todeshaus heraus versuche ich, die Welt vor Blindheit und Taubheit zu warnen. Auch heute erheben sich wieder Menschen und wollen uns vernichten. Im Namen der Regierung sage ich: Wir werden jeden Versuch vereiteln, uns und unsere Brüder zu schädigen.«

Antisemitismus

Polizei sucht nach Tatverdächtigem vom Holocaust-Mahnmal

Der Mann soll einen volksverhetzenden Text in das dortige Gästebuch geschrieben haben

 22.11.2024

Debatte

Theologen werfen Papst einseitige Sicht auf Nahost-Konflikt vor

Ein Schreiben von Papst Franziskus zum Nahost-Krieg enthalte einen »blinden Fleck im Denken«

 22.11.2024

Debatte

CDU-Ministerpräsident verurteilt Haftbefehl gegen Netanjahu

»Völlig ausgeschlossen, dass ein demokratisch gewählter Ministerpräsident aus Israel auf deutschem Boden verhaftet wird, weil er sein Land gegen Terroristen verteidigt«

 22.11.2024

CDU/CSU

Unionspolitiker: Verhaftung von Netanjahu auf deutschem Boden »unvorstellbar«

Die größte Oppositionsfraktion kritisiert die fehlende Haltung der Bundesregierung

 22.11.2024

Den Haag

Der Bankrott des Internationalen Strafgerichtshofs

Dem ICC und Chefankläger Karim Khan sind im politischen und juristischen Kampf gegen Israel jedes Mittel recht - selbst wenn es unrecht ist. Ein Kommentar

von Daniel Neumann  22.11.2024

Internationaler Strafgerichtshof

»Halten uns an Recht und Gesetz«: Jetzt äußert sich die Bundesregierung

Außenministerin Annalena Baerbock will aber noch genauer prüfen, was der Entscheid des IStGH bedeutet

 22.11.2024

Budapest

Orbán: »Werde Netanjahu nach Ungarn einladen«

Regierungschef Viktor Orbán will seinen israelischen Amtskollegen trotz des Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofes weiter empfangen

 22.11.2024

Atomprogramm

Iran kündigt Ausbau der Urananreicherung an

Der Atomstreit mit dem Iran geht in eine neue Runde

 22.11.2024

Kriminalität

»Schwachkopf«-Post zu Habeck: Jetzt melden sich die Ermittler zu Wort

Ein Mann soll Wirtschaftsminister Habeck im Netz beleidigt haben. Dass dann die Polizei zu Besuch kam, sorgte nicht nur im Umfeld des Vizekanzlers für Verwunderung. Die Ermittler liefern Erklärungen

von Frederick Mersi  21.11.2024