Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat die Piratenpartei aufgefordert, konsequent gegen rechtsradikale Parteimitglieder vorzugehen. Hintergrund ist die Entscheidung des Bundesschiedsgerichts der Partei, das Mitglied Bodo Thiesen trotz revisionistischer Äußerungen zum Holocaust und zum Zweiten Weltkrieg nicht aus der Partei auszuschließen.
»Rechtsradikale Einstellungen dürfen auf gar keinen Fall in einer demokratischen Partei toleriert werden«, sagte Zentralratspräsident Dieter Graumann. »Geschichtsrevisionismus und die Verteidigung von Holocaustleugnern dürfen daher nicht ungeahndet bleiben.« Die Parteiführung müsse jetzt darauf achten, »dass solche Piraten ihr neues Flaggschiff nicht ganz schnell zum Sinken bringen und sie schleunigst über Bord werfen«.
NIEDERLAGE Marina Weisband, politische Geschäftsführerin der Piratenpartei, zeigte sich nach dem Urteil des Gremiums enttäuscht. »Es bedeutet für die Piratenpartei einen großen Schaden, dass es uns nicht gelungen ist, Bodo Thiesen aus der Partei zu werfen«, sagte sie der Jüdischen Allgemeinen.
Wegen des Formfehlers müsse man den Beschluss nun wohl oder übel akzeptieren. »Uns bleibt vorerst nichts anderes übrig, als Thiesen in der Partei zu isolieren. Wir werden jetzt versuchen, ihn wegen anderer, nicht tolerierbarer Wortmeldungen auszuschließen.« Auf die Frage, ob Thiesen mit seinen revisionistischen Äußerungen Rückhalt in der Partei habe, sagte sie: »So etwas kann man nie ausschließen. Rassisten sind bei uns aber in jedem Fall unerwünscht.«
REVISIONISMUS Thiesen, der aktives Mitglied im rheinland-pfälzischen Landesverband der Piratenpartei ist, hatte in Äußerungen im Internet die Schuld Deutschlands am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs relativiert und einen verurteilten Holocaustleugner unterstützt. Zuletzt verweigerte Thiesen im Zusammenhang mit der Neonazi-Mordserie eine klare Abgrenzung zu Rechtsextremisten.
In einer Erklärung teilte die Piratenpartei mit, dass Thiesens Äußerungen zum Zweiten Weltkrieg aus dem Jahr 2008 bereits mit einer Rüge geahndet worden seien. Damit sei nun ein Ausschluss aus der Partei aus formellen Gründen nicht möglich. Auch wenn durch den Beschluss des Bundesschiedsgerichts »erheblicher Schaden« für die Partei entstanden sei, müsse er akzeptiert werden, teilte die Piratenpartei mit.
Grüne Diese Haltung attackierte Volker Beck, Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen, mit scharfen Worten. »Nicht einmal in der Nachkriegs-CSU wurden so offene rechtsradikale Einstellungen geduldet. Gegen Bodo Thiesen erscheinen die antisemitischen Aussagen von Martin Hohmann und geschichtlichen Relativierungsversuche von Erika Steinbach wie Peanuts.«