Bonjour, Namaste, Ma nischma? Auf dem Vorplatz des Willy-Kressmann-Stadions im Berliner Stadtteil Kreuzberg hört man an diesem sonnigen Morgen viele Sprachen. Junge Mädchen fallen sich in die Arme, begrüßen sich, bewundern gegenseitig ihre farbigen Trikots und singen sich schon mal in Stimmung. Denn nur wenige Minuten trennen sie von der offiziellen Eröffnung des multikulturellen »Discover-Football«-Turniers.
Zum zweiten Mal treffen sich Mannschaften aus acht verschiedenen Ländern, um gemeinsam für Verständigung, Toleranz und Respekt zu kicken. Das am weitesten gereiste Team mit beachtlichen 9.600 Kilometern heißt Estrela Sports und kommt aus Brasilien.
Das mit der kürzesten Anreise trägt den zuversichtlichen Namen »Heimvorteil« und musste von Potsdam nur 33 Kilometer zum Stadion fahren. Entfernungstechnisch fast dazwischen liegt Mifalot, ein Projekt mit sozialem Engagement für Kinder und Jugendliche, das 1997 von den Besitzern des Tel Aviver Fußballclubs Hapoel gegründet wurde.
Abenteuer Die elf Mädels des israelisch-jordanisch-palästinensischen Teams fallen nicht nur durch ihre knallroten Trikots, sondern auch durch eine Mitspielerin auf, die ein weißes Kopftuch trägt. Sie heißt Maisa, ist 19 Jahre alt und kommt aus dem arabischen Dorf Mokebla.
Für die junge israelische Araberin sind der Wettbewerb und die Reise nach Berlin »ein riesiges Abenteuer«. Maisa, die schon seit Jahren begeistert Fußball spielt, ist stolz auf ihre Elf, die »als ein Beispiel für andere dienen kann« – der Politik vielleicht. Denn bei Mifalot ist es nicht wichtig, welche Spielerin welchen Glauben hat oder woher die Mädchen kommen. Was zählt ist rund, und dauert bei Discover Football 60 Minuten.
Dafür hat auch die 21-jährige Eden trainiert. »Ich habe bei Maccabi Beer Sheva angefangen zu kicken, und seitdem hatte mich das Fußballfieber gepackt«, sagt die Israelin, die fest davon überzeugt ist, dass das Zusammenspiel der Religionen nur gut für alle sein kann.
Allerdings sehen das nicht alle so, denn kurz vor der Abreise konnten zwei palästinensische Spielerinnen nicht mitfahren. »Wir wissen nicht allzu viel über die Umstände und haben nur vom Hörensagen erfahren, dass sie wohl in ihrem Umfeld Druck bekommen haben, wenn sie mit uns gekommen wären,« sagt Maisa vorsichtig.
Das Thema scheint wie ein unsichtbarer Schleier über dem Team zu liegen. Trotzdem sähen die Mädchen zuversichtlich in die Zukunft, betont die 19-jährige Sahar. Sie kommt aus Deir al-Asad, auf dem Platz ist sie Verteidigerin – und richtig motiviert. »Wir wollen zeigen, dass wir zusammengehören – als Team und als Menschen.«
Auszeichnung Das will auch ihre Mitspielerin Walaa. Fast schüchtern spricht sie über ihre Leidenschaft – das runde Leder. Und darüber, dass es dem Frauenfußball auch in Israel besser gehen könnte.
Denn wie fast überall gibt es Vorurteile, wenn 22 Frauen hinter einem Ball herlaufen. Gerade deswegen ist es für die Elf eine besondere Auszeichnung genau dann in Deutschland zu sein, wenn hier die Frauenfußball-WM stattfindet.
Noch ein anderer Punkt sei wichtig, sagt Yigal, einer der vier Teambegleiter: »Viele der Mädchen sind zum ersten Mal in einem anderen Land als Israel.« Und sie seien von Berlin ziemlich überwältigt. Denn auch hier, wie auf dem Fußballplatz, spielt Religion und Herkunft von Menschen keine große Rolle. Und auf dem Spielfeld hört man genauso viele Sprachen. Wie in Kreuzberg.