Der Anschlag auf eine Synagoge in Halle am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur ist nach den Worten des Präsidenten des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, ein deutlicher Einschnitt gewesen.
»Dieser Anschlag bedeutet für die jüdische Gemeinschaft, und ich möchte betonen: nicht nur für die jüdische Gemeinschaft, sondern für unser ganzes Land eine tiefe Zäsur«, sagte Schuster am Sonntag in Frankfurt auf einer Festveranstaltung zu 70 Jahre Deutscher Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (DKR).
Seit Jahrzehnten stehen die Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit an der Seite der Juden, betont Schuster.
GESTEN In der Politik sei es häufig bei »symbolischen Gesten« geblieben, und dem Rechtsextremismus sei zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden, kritisierte Schuster. Der Anschlag von Halle sei weder für Experten noch für die jüdische Gemeinschaft überraschend gekommen: Ein Bedrohungsgefühl habe es seit Jahren gegeben. »Jetzt sieht es danach aus, dass tatsächlich alle aufgewacht sind. Und ich hoffe, dass wir unser jüdisches Leben in Sicherheit fortsetzen können.«
Seit Jahrzehnten stünden die Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit an der Seite der Juden. »Hier waren die Antennen für die Lage der jüdischen Gemeinschaft schon immer besser als in anderen Teilen der Gesellschaft.«
Vor 70 Jahren hätten mutige und kluge Frauen und Männer das Fundament für ein »Haus des Dialogs der beiden Religionen« gelegt, betonte Schuster. »Heute muss ich sagen: Sie waren Visionäre.«
AUSGLEICH In der »Jahrtausende alten jüdisch-christlichen Geschichte« seien 70 Jahre wie ein »Wimpernschlag« - in dieser Zeit sei sehr viel Gutes passiert. Aber auch »in den besten Familien« komme es vor, dass es auch einmal »dicke Luft« gebe. Bei einem Ausgleich setzten sich aber am Ende alle wieder an einen Tisch: »Das ist für mich der christlich-jüdische Dialog«, erklärte Schuster.
Auch »in den besten Familien« komme es vor, dass es auch einmal »dicke Luft« gebe, sagte Schuster.
Als Meilensteine bezeichnete er das Konzilsdokument »Nostra Aetate« über das Verhältnis der katholischen Kirche zum Judentum sowie auch verschiedene Schuldbekenntnisse evangelischer Landeskirchen und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
Auf der anderen Seite verwies Schuster auf das Kölner Beschneidungsurteil von 2012. »Es war bestimmt die größte Bewährungsprobe der vergangenen Jahrzehnte.« Und wie kein anderer hätten sich hierbei die beiden großen Kirchen an die Seite der jüdischen Gemeinschaft gestellt. Schuster bilanzierte: »Das Fundament wird auch in den nächsten 70 Jahren tragen.« kna