Interview

»Eine gute Lösung«

Andrea Nahles über Ghetto-Renten, eine neue Regelung und alte Diskussionen

von Detlef David Kauschke  26.02.2014 10:15 Uhr

Andrea Nahles Foto: imago

Andrea Nahles über Ghetto-Renten, eine neue Regelung und alte Diskussionen

von Detlef David Kauschke  26.02.2014 10:15 Uhr

Frau Nahles, Sie haben für die Regierungskonsultationen in Jerusalem eine Regelung zur Frage der Ghetto-Renten vorgelegt. Wie sieht die konkret aus?
Unser Ziel war, endlich eine einvernehmliche Lösung für alle zu finden. Das haben wir nun geschafft, das freut mich sehr! Seit mehr als zehn Jahren wird diskutiert, in der Kenntnis, dass mit der 2002 getroffenen Vereinbarung nicht alle zufrieden waren. Besonders betrüblich an der alten Regelung ist, dass nicht alle Betroffenen davon profitieren konnten. Meine Absicht war daher, die bestehenden Hemmnisse zu beseitigen. Das bezieht sich auf die Vier-Jahres-Regelung und auf die Frage des Stichtags, bis wann ein Antrag gestellt werden konnte. Das führte in der Vergangenheit dazu, dass Zehntausende ehemalige Ghetto-Arbeiter ihre Anträge nicht realisieren konnten. Diese unzumutbaren Hürden entfallen nun.

Was heißt das im Ergebnis?
Jeder und jede Betroffene kann – unabhängig von einem Stichtag – einen Antrag stellen. Und die Betroffenen können jeweils selbst wählen, welche Option für sie günstiger ist. Wir wollen ihnen je eine Variante anbieten, bei der die Berechnung nach dem alten Rentenrecht oder der neuen Regelung erfolgt. Wir werden alle direkt anschreiben und für jeden Einzelnen konkret darlegen, welche Option was für sie bedeutet. So können sie selbst entscheiden.

Wie hoch sind dabei die Kosten für den Rentenversicherer?
Das sind 340 Millionen Euro, die aus der Rentenkasse gezahlt werden.

Wird die Bundesregierung damit ihrer, wie es in den Koalitionsvereinbarungen heißt, »historischen Verantwortung für die Überlebenden des Holocaust« gerecht?
Mit höchster Sensibilität haben wir eine gute Lösung gefunden. In einer Anhörung haben die meisten der Betroffenen dargelegt, dass sie keine Entschädigung als Opfer, sondern eine tatsächliche Rente als Anerkennung für die von ihnen geleistete Zwangsarbeit erwarten. In dieser Logik bewegt sich mein Vorschlag. Ich glaube, dass dies den Wünschen der allermeisten Betroffenen entspricht.

Trotz der Vereinbarung in der Koalition soll es, wie zu hören war, nicht in allen Punkten Einvernehmen mit der Union gegeben haben. Stimmt das?
Es gab auf der Strecke die einen oder anderen Bedenken, ob es ein Fehler war, dieses Thema 2002 ins Rentenrecht zu integrieren, statt dafür ein eigenes Gesetz zu schaffen. Was zählt ist, dass wir ein befriedigendes Ergebnis erzielt haben. Und dass dieses Ergebnis von allen in der Koalition getragen wird.

Wann kommt das Gesetz in den Bundestag – und wann können die Anspruchsberechtigten mit Zahlungen rechnen?

Ich stelle mir vor, dass es ein verkürztes Verfahren gibt. Wir wollen noch vor dem Pessachfest ins Kabinett. Dann können wir das Gesetz noch vor der Sommerpause im Parlament abschließen und die Betroffenen bald die entsprechenden Benachrichtigungen erhalten.

Mit der Bundesarbeitsministerin (SPD) sprach Detlef David Kauschke.

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