Interview

»Eine gehörige Portion Respekt«

Campino, die Toten Hosen haben am Sonntag in Tel Aviv ihr erstes Konzert in Israel gegeben. Habt Ihr überhaupt damit gerechnet, hier auf Fans zu treffen?
Das wussten wir nicht, aber wir wollten es herausfinden. Auch unsere Tour durch Zentralasien war ja schon eine Abenteuerreise. Für uns als deutsche Band allemal. Wir stellen uns auf alles ein. Was passiert, das passiert eben.

Ist dies Euer erster Besuch in Israel? Und fühlt es sich irgendwie besonders an?
Wir sind alle zum ersten Mal hier, wollten aber immer schon mal herkommen. Als wir hörten, es soll nach Israel gehen, haben wir keine Sekunde gezögert, sondern sofort »Ja« gerufen. Es ist definitiv etwas ganz Besonderes für uns, hier zu sein. Man kommt mit einer gehörigen Portion Respekt ins Land.

Wegen der deutschen Geschichte?
Ja. Vielleicht ist es anders, wenn man öfter hier ist. Aber als ich durch die Straßen von Tel Aviv gelaufen bin, ging in meinem Kopf sofort ein Film los: Die Generation meiner Eltern wollte die Väter und Mütter dieser Menschen ausradieren. Solche Gedanken sind einfach in meinem Bewusstsein. Ich verschließe mich nicht davor, denn sie sind ja nicht falsch. In Israel begegnet einem überall Geschichte, man müsste schon blind sein, um das nicht zu sehen. Was nicht heißt, dass man hier als junger Deutscher gebückt gehen soll. Ich meine aber, dass bei all der Normalisierung zwischen Israelis und Deutschen das Wort »Vergessen« aus dem Kontext gestrichen werden müsste. Man soll die Geschichte nicht vergessen, sondern sich daran erinnern und daraus dann gemeinsam etwas Festes bauen, um es nie wieder zu einer Katastrophe kommen zu lassen.

Ihr seid auf Eurer Tour als Botschafter mit jeder Menge Musik unterwegs. Habt Ihr auch Politik im Gepäck?
Das klingt mir zu sehr nach Baukasten. Es ist schon politisch, dass wir als deutsche Band in Israel spielen und so etwas mittlerweile normal ist. Die Einstellung der Toten Hosen ist ja sowieso klar, die müssen wir nicht mehr erklären. Wir stehen nicht mit erhobenem Zeigefinger auf der Bühne, unsere Politik sind unsere Konzerte und unsere Meinung, wenn man uns danach fragt.

Einige internationale Künstler, Elvis Costello und die Dixie Chicks etwa, boykottieren Israel wegen des Nahostkonflikts, sagen sogar Konzerte ab. Ihr seht das anders. Warum?
Erstens haben wir als deutsche Band eine Sonderposition. Ich finde, dass wir uns so eine Einmischung gar nicht erlauben können. Und überhaupt haben sich die Toten Hosen bekanntlich da, wo es Widerspruch gibt, schon immer am wohlsten gefühlt. Warum sollten wir also wegbleiben? Zweitens halte ich einen derartigen Boykott ohnehin für Schwachsinn, denn wir spielen für die einfachen Leute, nicht für irgendwelche Regierungen. Meist geht so ein Schuss gehörig nach hinten los. Wir wollen schließlich keinen Affront, sondern Völkerverbindung.

Mit dem Leadsänger der Punkrockband »Die Toten Hosen« sprach Sabine Brandes.

Berlin

Prognose: Hälfte der Holocaust-Überlebenden 2031 nicht mehr am Leben

Der Bericht mache die Dringlichkeit der Bildungsarbeit zur Schoa deutlich, sagt der Präsident der Claims Conference, Gideon Taylor

 22.04.2025

Meinung

Wenn deutsche Ex-Diplomaten alle antiisraelischen Register ziehen

Deutschland darf nicht länger schweigen? Eine Erwiderung von Daniel Neumann auf den vielsagenden »FAZ«-Gastbeitrag ehemaliger Botschafter

von Daniel Neumann  21.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  21.04.2025

Reaktionen

Freund und Bruder Franziskus – Juden verabschieden sich vom Papst

Mit Wärme und Respekt würdigen Vertreter der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland und weltweit den Papst. Nicht immer war das Verhältnis von katholischer Kirche und Judentum aber einfach, etwa nach dem 7. Oktober 2023

von Leticia Witte  21.04.2025

Reaktionen

»Mit Papst Franziskus ist ein Freund der jüdischen Gemeinschaft von uns gegangen«

Der Zentralrat der Juden würdigt Papst Franziskus, der am Montag im Alter von 88 Jahren gestorben ist

 21.04.2025

Nachruf

Förderer des katholisch-jüdischen Dialogs, aber auch harter Kritiker Israels

Papst Franziskus ist am Montag im Alter von 88 Jahren gestorben. Sein langjähriger Gesprächspartner, Rabbiner Jehoschua Ahrens, nimmt Abschied

von Rabbiner Jehoschua Ahrens  21.04.2025

Vatikan

Papst Franziskus ist tot

Das Oberhaupt der katholischen Kirche starb einen Tag nach dem Ostersegen

 21.04.2025

Einspruch

Niemals vergessen!

Eva Umlauf will nicht hinnehmen, dass immer mehr Deutsche einen Schlussstrich unter die NS-Zeit ziehen möchten

von Eva Umlauf  18.04.2025

Berlin

Drei Jahre Haft für Mustafa A.

Der Prozess gegen den Angreifer von Lahav Shapira ist am Donnerstag zu Ende gegangen. Das Amtsgericht Tiergarten ging von einem antisemitischen Motiv aus und sprach den Täter der gefährlichen Körperverletzung schuldig

 17.04.2025