Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat den Springer-Chef Mathias Döpfner mit seiner höchsten Ehrung, dem Leo-Baeck-Preis, ausgezeichnet. Der Vorstandsvorsitzende der Axel Springer SE wurde am Donnerstagabend in Berlin für sein außerordentliches Engagement für die jüdische Gemeinschaft und Israel geehrt.
Schuster würdigte Döpfner als einen Meinungsführer, der nicht dazu schweige, wenn Juden und der Staat Israel angegriffen oder verächtlich gemacht würden. Döpfner finde klare Worte gegen einen neuen Antisemitismus, der häufig »mit dem Deckmäntelchen namens Israel-Kritik« daherkomme und offenbar weite Teile der Bevölkerung kaum beunruhige. Nicht nur der Gesellschaft, auch einigen Medien drohe der innere Kompass verloren zu gehen, sagte Schuster.
Durch die stete Abwertung Israels habe sich »quasi durch die Hintertür« in unsere Gesellschaft »eine Haltung eingeschlichen, mit der alte antisemitische Vorurteile gepflegt werden können, ohne sie benennen zu müssen«. Immer wieder werde in der Berichterstattung einseitig in Israel der Schuldige gesucht, beklagte Schuster. Er sei sich nicht sicher, ob Journalisten sich dessen bewusst seien, was sie mit ihrer einseitigen Berichterstattung über Israel auslösen könnten: »Es ist ein Spiel mit dem Feuer.«
FAIR Dies gelte nicht für die Medien des Springer-Verlags, die sich der Verantwortung für Israel und dem Gedenken an die Schoa verpflichtet hätten. Es gebe auch andere, die sich durch eine faire Berichterstattung über Israel auszeichneten – doch der Mainstream sei das nicht, sagte Schuster. Er erinnerte daran, was Israel den Juden bedeute. Das sei offenbar weiten Teilen der Bevölkerung und auch vielen Medienschaffenden nicht bewusst. Döpfner hingegen sei der Inbegriff eines wahren Freundes Israels und der jüdischen Gemeinschaft.
»Die jüdische Gemeinschaft ist Mathias Döpfner zu tiefem Dank verpflichtet«, betonte Josef Schuster.
Schuster betonte ebenfalls, dass die Verantwortung Deutschlands, die aus der Geschichte resultiert, ausgefüllt werden kann, indem Missstände – Hass auf Israel und Juden, Anfeindungen von Sinti und Roma, Muslimen oder von Homosexuellen – heutzutage klar benannt und angegangen werden. Diese Haltung zeichne Mathias Döpfner aus. »Die jüdische Gemeinschaft ist ihm zu tiefem Dank verpflichtet.«
»Wir können Sie leider nicht klonen, aber ich hoffe, dass die heutige Preisverleihung Ansporn für viele Journalisten, gerade Nachwuchsjournalisten, ist, in Ihre zugegeben riesig großen Fußstapfen zu treten«, sagte Schuster an den Preisträger gerichtet.
Lob äußerte Schuster auch für Außenminister Heiko Maas (SPD), der am vergangenen Wochenende beklagt hatte, dass Israel in den UN-Gremien ausgegrenzt und nicht angemessen behandelt werde: »Endlich hat dies ein deutsches Regierungsmitglied ausgesprochen!« Ebenfalls begrüße der Zentralrat, dass der Bundestag an diesem Freitag ein deutliches Zeichen gegen die antisemitische Israel-Boykott-Bewegung BDS setzen wolle.
WELTKONGRESS Ronald S. Lauder, Präsident des Jüdischen Weltkongresses (WJC), sagte in seiner Laudatio auf Mathias Döpfner: »Mathias, du bist ein großer Mann. Nicht nur mit deinen fast zwei Metern, aber als Mensch. Du bist einmalig! Vielen, vielen Dank für alles, was du für die deutsch-jüdische Beziehung geleistet hast.«
Döpfner sei ein Mann, »der für Mut und Anstand steht und all die noblen Eigenschaften repräsentiert, die man mit Deutschland verbindet«, sagte Lauder. Mit Döpfner verbinde ihn eine Freundschaft von über 20 Jahren – und er habe nie einen Menschen kennengelernt, der so wie Döpfner gleichzeitig gegen Kommunismus und Totalitarismus kämpfe und ein größerer Verteidiger Israels und des jüdischen Volkes sei.
Mathias Döpfner nahm den Preis sichtlich bewegt entgegen. Er sagte, die Freundschaft mit Ronald S. Lauder bedeute ihm sehr viel. In seiner Dankesrede betonte Döpfner, man brauche seiner Meinung nach keine neuen Gesetze gegen antisemitische Straftaten. Es reiche, den geltenden Rechtsrahmen konsequent auszunutzen. Außerdem dürften keine anonymen Hasspostings über die sozialen Medien verbreitet werden.
»Ich wünsche mir, dass Deutschland es schafft, als glaubwürdiger Vorreiter im erfolgreichen Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus zu bestehen. Nur wenn wir das schaffen, haben wir die zweite Chance, die die Geschichte uns zu gewähren scheint. Deutschland kann nur zu sich selbst kommen, wenn es zu seinen jüdischen Wurzeln steht«, sagte Döpfner weiter. Er zitierte die Worte von Leo Baeck, die Geschichte des deutschen Judentums sei definitiv zu Ende: Er wünsche sich, »dass dies vielleicht der einzige Satz des großen Leo Baeck ist, den wir gemeinsam widerlegen können«.
»Deutschland kann nur zu sich selbst kommen, wenn es zu seinen jüdischen Wurzeln steht«, sagte Döpfner.
BIOGRAFIE Der 56 Jahre alte Manager Mathias Döpfner steht seit 2002 an der Spitze des Berliner Verlagshauses Axel Springer. Der studierte Musikwissenschaftler und frühere »Welt«-Chefredakteur ist zudem seit 2016 Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV).
Für seinen Einsatz für die jüdische Gemeinschaft und den jüdischen Staat erhielt er 2014 den Europäischen B’nai-B’rith-Preis und 2016 den Arno‐Lustiger‐Ehrenpreis. In einem Meinungsbeitrag für die Welt bezeichnete sich Döpfner selbst als »nichtjüdischer Zionist«.
Mit dem Leo-Baeck-Preis, der an den Rabbiner Leo Baeck erinnert, ehrt der Zentralrat der Juden seit 1957 Persönlichkeiten, die sich in herausragender Weise um die jüdische Gemeinschaft verdient gemacht haben. Der mit 10.000 Euro dotierte Leo-Baeck-Preis ist die höchste Auszeichnung des Zentralrats.
Zu den Preisträgern gehören die früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker (1994), Roman Herzog (1998) und Christian Wulff (2011), Bundeskanzlerin Angela Merkel (2007) und andere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. 2018 erhielt der ehemalige Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) den Preis.
GÄSTE Zu den Gästen des Abends gehörten unter anderem die Verlegerin Friede Springer, die Schoa-Überlebende Margot Friedländer, der israelische Botschafter in Deutschland, Jeremy Issacharoff, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck, der Grünen-Politiker und Baeck-Preisträger Volker Beck, der ehemalige EKD-Ratspräsident Nikolaus Schneider, der Antisemitismusbeauftragte des Bundes, Felix Klein, der frühere Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), der Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, der ehemalige Vorsitzende der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Reinhold Robbe (SPD), und der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Müller-Rosentritt.
Dabei waren auch der Zentralratsgeschäftsführer Daniel Botmann sowie die Zentralratsvizepräsidenten Abraham Lehrer und Mark Dainow, außerdem der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Gideon Joffe, und mehrere Rabbiner. ja/epd/dpa
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