27. Januar 1945

»Ein Triumph über die Nazis«

Ruth Klüger Foto: dpa

Die Schriftstellerin und Schoa-Überlebende Ruth Klüger wird am 27. Januar im Bundestag die Hauptrede zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus halten. Das gab der Bundestag am Montag in Berlin auf Anfrage der Jüdischen Allgemeinen bekannt. In ihrer Rede werde die 1931 in Wien geborene Klüger unter anderem über die Bedingungen ihres Überlebens im Konzentrationslager Auschwitz berichten.

»Der Winter 1944/1945 war der kälteste Winter meines Lebens und ist bis heute in mein Gedächtnis eingebrannt«, erinnert sich Ruth Klüger. »Je älter ich werde, desto stärker kehrt die Erinnerung an die Zeit im Konzentrationslager zurück.« Jahrzehntelang habe sie nicht über ihr Schicksal sprechen können. »Ich blieb stumm. Was ich erlebt hatte, war zu schlimm.«

Zeugnis Klüger betont, dass sie ihre Rede im Bundestag als einen persönlichen Triumph über das NS-Regime betrachtet. »Noch vor wenigen Jahrzehnten hätte ich es nicht für möglich gehalten, an diesem Ort über mein Überleben Zeugnis ablegen zu können.«

Der Hauptgrund, warum sie die Einladung mit großer Freude angenommen habe, sei jedoch ein anderer. »Dieses Land, das für die schlimmsten Verbrechen verantwortlich war, hat heute dank der Großzügigkeit für Flüchtlinge den Beifall der Welt gewonnen. Ich bin eine von den vielen Außenstehenden, die von Verwunderung zu Bewunderung übergegangen sind.«

Ruth Klüger wurde 1931 in Wien als Tochter eines jüdischen Arztes geboren. Zusammen mit ihrer Mutter deportierten die Nazis sie 1942 in das Konzentrationslager Theresienstadt. Danach wurde sie nach Auschwitz-Birkenau und in ein Außenlager des KZs Groß-Rosen verschleppt. Kurz vor Kriegsende gelang ihr die Flucht. 1947 emigrierte sie in die Vereinigten Staaten.

autobiografie Heute zählt sie zu den bekanntesten Germanistinnen in den USA. Zugleich machte sie sich als Schriftstellerin einen Namen: Ihre 1992 erschienene Autobiografie weiter leben, in der sie ihre Kindheit und Jugend in Wien und in den Lagern Theresienstadt und Auschwitz beschreibt, zählt zu den prominentesten und anerkanntesten Werken der »Zeugen-Literatur« des Genozids am europäischen Judentum. Klüger lebt heute im kalifornischen Irvine und in Göttingen.

Der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus wird in der Bundesrepublik seit 1996 begangen. Im vergangenen Jahr hatte Bundespräsident Joachim Gauck die Hauptrede gehalten. In den Jahren zuvor sprachen unter anderem die Zeitzeugen Inge Deutschkron, Marcel Reich-Ranicki und Schimon Peres über die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz am 27. Januar 1945 durch die Rote Armee.

Lesen Sie das ganze Interview mit Ruth Klüger in unserer Ausgabe am Donnerstag.

Deutschland-Reise

Kalman Meir Ber besucht Bremen

Der Oberrabbiner Israels trifft Bürgermeister Andreas Bovenschulte und der Präsidentin der Bremischen Bürgerschaft, Antje Grotheer (beide SPD)

 12.12.2025

Niedersachsen

Moscheen in Hannover mit »Israel«-Schriftzügen besprüht

Unbekannte haben »Israel«-Schriftzüge auf mehrere Moscheen in Hannover geschmiert. Niedersachsens Antisemitismus-Beauftragter und die jüdische Gemeinde reagieren entsetzt

 11.12.2025

Berlin

Erstmals Chanukka-Feier im Bundestag

Zur Feier werden unter anderem der Antisemitismusbeauftragte Felix Klein und Zentralrats-Geschäftsführer Daniel Botmann erwartet

 11.12.2025

Block-Prozess

Mutmaßlicher Entführer-Chef: Aussage gegen sicheres Geleit

Hat Christina Block den Auftrag erteilt, ihre Kinder aus Dänemark zu entführen? Der mutmaßliche Chef der Entführer äußert sich dazu als Zeuge vor Gericht

 11.12.2025

Brigitte Macrons Ausfall gegen Aktivistinnen entfacht eine landesweite Debatte.

Frankreich

First Lady an Abittans Seite – und gegen Feministinnen

Brigitte Macrons Ausfall gegen Feministinnen wirft ein Schlaglicht auf Frankreichs Umgang mit Protest, sexueller Gewalt und prominenten Beschuldigten.

von Nicole Dreyfus  11.12.2025

Parteien

Justiz prüft Äußerungen nach Neugründung von AfD-Jugend 

Nach einer Rede beim AfD-Jugendtreffen prüft die Staatsanwaltschaft Gießen mögliche Straftatbestände

von Janet Ben Hassin  10.12.2025

Debatte

Merz, Trump und die Kritik an der Migration

Deutschlands Bundeskanzler reagiert auf die Vorwürfe des US-Präsidenten

von Jörg Blank  10.12.2025

Debatte

Wie umgehen mit Xavier Naidoo?

Der Sänger kehrt auf die großen Bühnen zurück. Ausverkaufte Hallen treffen auf Antisemitismus-Vorfälle, anhängige Verfahren und eine umstrittene Entschuldigung - und auf die Frage, wie man heute dazu steht

von Stefanie Järkel, Jonas-Erik Schmidt  10.12.2025

Initiative

Bayerns Landtag will Yad-Vashem-Bildungszentrum in Freistaat holen

Die Idee hatte die Ampel-Koalition von Olaf Scholz: Eine Außenstelle der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Deutschland. Der Bayerische Landtag hat sich nun für einen Standort im Freistaat ausgesprochen

von Barbara Just  10.12.2025