Ich hatte viele Träume, als ich vor 72 Jahren befreit worden bin, damals als 16-jähriger Junge. Nur, dass ich mit meinem Präsidenten, dem Staatsoberhaupt Israels, Reuven Rivlin, auf dem Appellplatz in Dachau stehen würde – das habe ich mir nie vorgestellt. Auch hätte ich mir nie vorstellen können, dass der deutsche Bundespräsident mit dabei sein würde. Wie einfach die Beziehungen zwischen Israel und Deutschland geworden sind! Die beiden Präsidenten kommen zusammen, sie gedenken gemeinsam.
Die Beziehungen zwischen beiden Ländern sind sehr wichtig, denn viele Freunde haben wir Israelis nicht in der Welt. Und Deutschland, einer der wichtigsten Staaten Europas, ist einer der besten Freunde des jüdischen Staates. Das habe ich auch schon beim Besuch von Frank-Walter Steinmeier in diesem Jahr in Israel erlebt.
opfer Und nun kommen sie in München zusammen, gedenken dort der ermordeten Sportler des Olympia-Attentats von 1972 – und erinnern an die Opfer der Schoa! Dass dies in Dachau geschieht, ist für mich ganz besonders. Ich habe schreckliche Erinnerungen, auch an das Lager Kaufering, eines der berüchtigten Außenlager des KZ Dachau: Massen von toten, verhungerten Menschen, Sklavenarbeit. Wir haben nicht daran gedacht, dass wir befreit werden würden. Und es war eine physische, keine seelische Befreiung.
Bis heute kann ich das nicht vergessen. Und soll ich es vergessen? Soll ich meine Mutter, Brüder, Onkel und Tanten vergessen oder all die, von denen niemand geblieben ist? Nein! Ich bin einer der Letzten, die noch erzählen können. Deshalb gehe ich in Schulen, zur Bundeswehr, in Universitäten und andere Einrichtungen, um davon zu erzählen. Ich gebe denen, die nicht überlebt haben, eine Stimme. Das ist nicht einfach. Aber ich muss es tun.
Für mich als Israeli und Überlebender der Schoa ist das Gedenken der beiden Präsidenten sehr bewegend. Es ist ein Traum, der erfüllt wird.
Der Autor ist Schoa-Überlebender und Vizepräsident des Internationalen Dachau-Komitees.