Wir können es nicht übersehen. Es droht in Sachsen mehr als nur eine leichte Verschiebung der politischen Verhältnisse. Es droht ein Ruck nach rechtsaußen. Nachdem in Sachsen die AfD bei der Bundestagswahl zur stärksten Partei gewählt wurde, waren in der jüdischen Gemeinschaft die Sorgen schon sehr groß. Als dann wenige Tage später der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich einen Kurswechsel der CDU nach rechts forderte, ließ das unsere Besorgnis noch anwachsen.
Wir befürchten, dass der Konsens der Demokraten aufgeweicht wird, wonach sich Politik nicht auf das geistige Erbe der NS-Vergangenheit stützen darf. Diesen Konsens müssen wir einfordern. Einen scheinbar unbekümmerten Bezug auf den Nationalsozialismus darf es nicht geben! Es ist tatsächlich »höchste Zeit, gemeinsam aktiv zu werden«, wie wir im sächsischen Landesverband der Jüdischen Gemeinden in einem Aufruf formuliert haben.
rechtsextremismus Dass wir in Deutschland und besonders in Sachsen ein Rechtsextremismusproblem haben, ist in den letzten Jahren, ja, Jahrzehnten oftmals übersehen worden. Darauf haben wir, die jüdische Gemeinschaft, stets hingewiesen. Wir haben auch betont, dass die Situation in Städten wie Dresden, Leipzig und Chemnitz zwar schwierig ist, dass es aber im ländlichen Raum ungleich bedrohlicher ist.
Während es in den Städten noch eine demokratische Zivilgesellschaft gibt, die Neonazis entgegentritt, erleben wir in kleinen Städten und Gemeinden oft, dass rechtsextreme Einstellungen Mehrheitsmeinung sind. Nun haben wir erleben müssen, dass auch Politiker demokratischer Parteien, die sich zur Wahl gestellt haben, solchen Meinungen nicht wirklich konsequent entgegentreten.
Wenn es jetzt zu Recht heißt, dass man die Ursachen ergründen und die Sorgen der Menschen ernst nehmen muss, dann darf dies nicht passieren, indem Rechtsextremismus auf einmal als tolerabel gilt.
Die Autorin ist Vorsitzende des Landesverbandes Sachsen der Jüdischen Gemeinden.