Nach antisemitischen Vorfällen im Würzburger Priesterseminar hat der Zentralrat der Juden Konsequenzen gefordert. Vizepräsident Josef Schuster nahm vor allem den Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann in die Pflicht: »Wenn ihm das gute Verhältnis zur jüdischen Gemeinde in Würzburg am Herzen liegt, erwarte ich ein entschiedenes Vorgehen.
Das ist für mich der Lackmustest, ob wir es bisher nur mit Lippenbekenntnissen zu tun hatten«, sagte Schuster, Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde Würzburg und Unterfranken. Er forderte den Ausschluss von Seminaristen, die einen Judenwitz erzählt hatten. In einem Brief des Regens des Priesterseminars, Herbert Baumann, sei allerdings von mehreren Judenwitzen bei verschiedenen Anlässen die Rede gewesen, so Schuster. Laut Nachrichtenagentur epd prüft die Staatsanwaltschaft die Vorfälle.
Rechtsradikal In einer Pressemitteilung nannte Bischof Hofmann das Erzählen eines Judenwitzes »nicht entschuldbar«. Berichte über eine angebliche Feier im Bierkeller des Seminars am 20. April, dem Geburtstag Adolf Hitlers, wurden von Studenten, mit denen der Bischof vergangene Woche über die Vorwürfe gesprochen hatte, bestritten. Eingeräumt wurde jedoch, dass ein Seminarist am selben Abend ein Konzert der in der rechten Szene beliebten Band Frei.Wild besucht habe. Außerdem sollen Seminaristen nach einem Abendessen nach einem »Neger« zum Abräumen gerufen haben.
Über rechtsradikale Tendenzen zweier Studenten soll sich auch die Leitung einer Würzburger Studentenverbindung beim Regens des Seminars beschwert haben. Schuster sagte, er sei erst einmal sprachlos gewesen: »Wenn mir jemand gesagt hätte, dass in einem Priesterseminar offen antisemitisches Gedankengut herrscht, das hätte ich mir selbst in Albträumen nicht vorstellen können«, sagte er. Es stehe ihm zwar nicht zu, der katholischen Kirche Ratschläge zu erteilen, doch bisher sehe er die geleistete Aufklärungsarbeit »kritisch«. Er könne nicht erkennen, dass dahinter »die nötige Intensität und der Druck« stünden.
Der Zentralrats-Vize begrüßte die von Hofmann eingesetzte externe Kommission. »Diese muss jetzt offen und ohne Ansehen der Person aufklären«, forderte Schuster. Wie die Diözese Würzburg am Sonntag bekannt gab, sitzen in der Kommission mit Norbert Baumann ein Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Bamberg sowie zwei Wissenschaftler: Thomas Weißer, Professor für theologische Ethik an der Universität Bamberg, und der Würzburger Judaist und Neutestamentler Karlheinz Müller. Die Experten sollen Details der Vorwürfe prüfen und den zuständigen Bischöfen in Bamberg und Würzburg direkt berichten. »Diese werden gegebenenfalls Konsequenzen ziehen«, hieß es.
Das hatte in einem Offenen Brief an den Regens des Priesterseminars bereits Generalvikar Karl Hillenbrand gefordert. Er nannte die Vorwürfe »mehr als beschämend« und warnte vor Verharmlosungsstrategien. »Es gibt keine ›harmlosen‹ Ju- denwitze; dahinter verbergen sich vielmehr in der Regel dumpfe (und dumme) Ressentiments, die eines gebildeten Menschen (...) unwürdig sind«, schrieb Hillenbrand.
Ein solches Verhalten sei mit Blick auf junge Menschen, die den Priesterberuf anstreben, intolerabel: »Zur pastoralen Befähigung für künftige Priester zähle ich nicht zuletzt ein sensibles Gespür für ein angemessenes Ausdrucksverhalten im Reden über andere Religionen und insbesondere über das Judentum. Wenn es an all dem fehlt, ist jemand in meinen Augen für den Priesterberuf nicht qualifiziert«, unterstrich er.
Konsens Ähnlich äußerte sich Schuster: Er hoffe auf den Konsens, dass man solche Theologen »nicht auf Jugendliche und eine Gemeinde loslassen kann beziehungsweise insgesamt nicht im kirchlichen Dienst belassen darf«. Unterdessen verfassten Hausleitung und Seminaristen eine Erklärung.
Man distanziere sich von jeder Form von politischem Extremismus, Antisemitismus, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit: »Solche Einstellungen sind mit dem Dienst und Leben eines katholischen Priesters völlig unvereinbar.« Die Seminarleitung wolle zur Aufklärung aller Vorwürfe beitragen, wehre sich aber gegen eine pauschale Vorverurteilung der Studenten, hieß es weiter.