Die weißen Flügel ragen hoch. Wie eine steinerne Siegeserklärung, die sich gen Himmel reckt. Mit Blick auf das blaue Meer ist es eine eindrucksvolle Szenerie, hier am Strand der israelischen Küstenstadt Netanja. Am Montag weihte der Russisch-Jüdische Kongress (RJC) gemeinsam mit dem israelischen Staatspräsidenten Schimon Peres und seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin das Denkmal zur Erinnerung an den Sieg der Roten Armee über Nazideutschland ein.
Seit einer Woche bereits hatten Arbeiter der Stadtverwaltung an der Küste fleißig jeden Krümel, jedes Blatt entfernt. Alles sollte für den hohen Besuch vorbereitet sein. Am Vormittag waren neben den Staatspräsidenten auch die Außenminister anwesend, Sergei Levrov aus Russland und und Avigdor Lieberman aus Israel. Ebenso weitere israelische Minister. Aus Russland angereist war auch eine Delegation des RJC mit seinem Präsidenten Juri Kanner, der den Bau des Denkmales initiiert hatte. Es ist das erste Monument zu Ehren dieses historischen Ereignisses außerhalb der Staaten der ehemaligen Sowjetunion. Eine Reihe von russisch-jüdischen Milliardären hatte umgerechnet knapp eine halbe Million Euro gespendet, um es zu realisieren.
Jerusalemstein Aus zwei Teilen besteht die Gedenkstätte nun: eine Labyrinth-Galerie aus dunklem Stein, die sich der tragischen Seite des Krieges widmet. Und daneben, imposant und über allem aufrecht stehend, die Flügel der Nike, der griechischen Siegesgöttin. Die majestätische Figur aus Jerusalemstein thront mit ihren 15 Metern am Strand der Stadt und wird Bewohner wie Touristen gleichermaßen anziehen, ist sich der RJC sicher.
Doch das Denkmal soll nicht nur schmücken, sondern vor allem »Zeichen der Verpflichtung der russisch-israelischen Beziehungen sein und ein Argument gegen die Verfälschung der Geschichte des Krieges«. Premierminister Benjamin Netanjahu, der sich für die Errichtung eingesetzt hatte, drückte bereits vor der Einweihung sein »ungeheures Gefühl der Dankbarkeit an das russische Volk aus, das selbstlos gegen die Nazis gekämpft und eine führende Rolle im Sieg der Alliierten im Zweiten Weltkrieg und der Befreiung der Juden aus den Konzentrationslagern gespielt hat«.
flügel »Die weißen Flügel aus Stein symbolisierten den Triumph des Guten und des Friedens«, sprach Putin während der Enthüllungszeremonie zu den Gästen. »Mögen diese Werte immer als Basis für die Freundschaft unserer beiden Nationen dienen.« Der jüngst erneut gewählte russische Präsident dankte der israelischen Regierung und dem RJC für den Bau des Monumentes. Es sei ein Signal der Hoffnung, erklärte auch Peres. »Dies ist eine Gelegenheit, dem russischen Volk für seinen Mut zu danken. Ohne diesen Sieg würden wir hier wahrscheinlich heute nicht stehen.«
Wladimir Putin hatte Israel zum letzten Mal vor sieben Jahren besucht, damals die erste Visite eines russischen Präsidenten im Heiligen Land überhaupt. Am Nachmittag traf er sich zu einem Vier-Augen-Gespräch mit Benjamin Netanjahu.
Der Russisch-Jüdische Kongress ist die Dachorganisation für russische Juden. Gegründet wurde er 1996, um das jüdische Leben in der russischen Föderation wiederzubeleben. Zu den Vorstandsmitgliedern ge- hören Gemeindeleiter, Unternehmer und Persönlichkeiten aus der Kultur. Der Kongress betreibt die größte jüdische Wohltätigkeitsorganisation des Landes. Jedes Jahr am 9. Mai wird in Russland der »Siegestag« begangen, bei dem des Triumphes der Roten Armee über die Nationalsozialisten gedacht werde, erklärte RJC-Präsident Kanner. »Er ist sehr wichtig für die russischen Juden und insgesamt für alle Russen.« Zukünftig wird er in Israel am neuen Denkmal begangen. »Das Monument ist für alle russischen Juden gedacht, die in Israel leben«, wie Kanner betonte.
rote armee Etwa elf Millionen Soldaten der Roten Armee sind während des Zweiten Weltkrieges getötet worden, darunter waren mindestens 120.000 Juden, die in den Reihen der Armee dienten. Einer von ihnen war der Urgroßvater von Alina Danilow. Die junge Frau gehört zur etwa 60.000 Seelen starken russischen Gemeinde in Netanja, ist hier geboren und aufgewachsen. Ihre Eltern hatten vor 22 Jahren Alija gemacht. »Ehrlich gesagt, weiß ich nicht sehr viel über das, was damals geschehen ist«, so Danilow. »Nur, dass mein Urgroßvater im Krieg gefallen ist, als er gegen die Nazis gekämpft hat.« Sie findet gut, dass es jetzt in ihrer Heimatstadt ein Denkmal für die Rote Armee gibt. »So werde ich immer an meinen Saba-Raba denken, wenn ich hier vorbeikomme.«