Brit Mila

Eckpunkte zur Beschneidung

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) Foto: dpa

Das am Dienstag vom Bundesjustizministerium vorgelegte Papier mit Eckpunkten für die Beschneidung von Jungen ist überwiegend positiv aufgenommen worden. Dieser Entwurf für den Gesetzesentwurf sieht vor, dass der Eingriff eine Körperverletzung bleibt, jedoch straffrei ist, wenn die Eltern einwilligen.

Der Sprecher der Bundesjustizministeriums, Anders Mertzlufft, erklärte dazu: »Die Beschneidung bleibt in Deutschland erlaubt. Das Bundesjustizministerium stellt klar, was ohnehin schon möglich ist: Die Regelung soll die Verunsicherung nach dem Urteil des Landgerichts Köln beseitigen.« Freitag trifft sich Ministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger mit Experten der Länder und Verbände zu einer ersten Anhörung.

inhalt Der Entwurf verweist auf das grundgesetzlich verbriefte Recht der Eltern auf Erziehung. Dazu gehöre auch die Entscheidung über sämtliche Fragen, die ihre Kinder betreffen, eben auch »eine Beschneidung des Jungen nach Regeln der ärztlichen Kunst«. Verschiedene Anforderungen sollen berücksichtigt werden: Die Beschneidung muss fachgerecht und mit einer möglichst effektiven Schmerzbehandlung durchgeführt werden. Zudem darf sie nur nach einer vorherigen umfassenden Aufklärung erfolgen. Und: Eltern müssen den Kindeswillen bei dieser Frage entsprechend miteinbeziehen. Wenn im Einzelfall das Kindeswohl gefährdet wird, wie zum Beispiel durch gesundheitliche Risiken bei Blutern, greift eine Ausnahmeregelung.

Auch auf die im Judentum wichtige Frage der Beschneidung durch Mohalim geht das Eckpunktepapier ein: Die Beschneidung kann innerhalb der ersten sechs Lebensmonate eines Kindes von Personen durchgeführt werden, die von ihrer Religionsgemeinschaft dafür vorgesehen sind. Sie müssen die Beschneidung genauso gut wie ein Arzt beherrschen.

Zentralrat Der Präsident des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann, nannte das Papier einen »Schritt in die richtige Richtung«. Es handele sich zwar bisher nur um ein gutes Diskussionspapier, das in Einzelfragen noch des Feinschliffs bedarf. Aber der Entwurf gehe auf viele Wünsche der Juden in Deutschland ein. »Besonders ist zu begrüßen«, so Graumann weiter, »dass die Beschneidung nicht im Strafrecht, sondern im Familienrecht geregelt werden soll. Ebenso ist für uns wichtig, dass Mohalim weiterhin auch die Möglichkeit haben, Beschneidungen vorzunehmen. Sie brauchen ebenso Rechtssicherheit wie Ärzte«.

Das Bundesjustizministerium verdiene Respekt und Anerkennung, dass es einen solch klugen Vorschlag vorgelegt habe, sagte der Zentralratspräsident. »Den weiteren Gang der Gesetzgebung werden wir genau beobachten. Ich bin zuversichtlich, dass der Deutsche Bundestag die Eckpunkte als Grundlage für eine gute gesetzliche Regelung nehmen wird. Dann wäre endlich wieder Rechtssicherheit hergestellt. Die Debatte muss nun endlich sachlich geführt werden. Jetzt geht es darum, auch die Gegner der Beschneidung mit ins Boot zu nehmen und zu überzeugen.«

Rechtssicherheit Es sei positiv zu bewerten, dass die Bundesregierung Rechtssicherheit schaffen wolle, erklärte der Koordinationsrat der Muslime am Mittwoch in Köln. Die Generalsekretärin des Zentralrates der Muslime, Nurhan Soykan, gab indes zu bedenken, dass die Anknüpfung an den Kindeswohlvorbehalt sicherlich noch einer Konkretisierung bedürfe. Kritisch sei auch die Regelung zu prüfen, dass Eingriffe bei Kindern bis zum Alter von sechs Monaten nicht der Arztpflicht unterliegen sollten, Eingriffe bei älteren Kindern aber schon. »Diese Abstufung gilt es unter dem Aspekt der Gleichbehandlung zu erörtern«, sagte Soykan.

Leo Latasch findet den Entwurf »in vielen Punkten sehr gut«. Allerdings, so sagte der Mediziner der Jüdischen Allgemeinen, sollte man bei einzelnen Formulierungen, die die Schmerzfreiheit betreffen, noch nachbessern. Besonders begrüßt das Mitglied des Deutschen Ethikrats, dass der Eckpunkteplan »Religion völlig aus dem Spiel lasse«. Latasch hofft, dass das Gesetz den Bundestag passiert. Er hege aber Zweifel an der Geschlossenheit im Parlament und frage sich hinsichtlich der Kritik vonseiten der Grünen oder der Linkspartei, ob »diese an einem Kompromiss überhaupt ernsthaft interessiert« seien.

Auch der Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, zeigte sich mit den Eckpunkten einverstanden. Wenn Kinder aber ein Veto gegen die Beschneidung einlegten, »dann sollte das Veto auch gelten«, sagte er im Deutschlandradio.

Grundsätzliche Zustimmung kam auch von der SPD-Bundestagsfraktion. Die kirchenpolitische Sprecherin Kerstin Griese sagte, es sei »richtig und zielführend«, eine Regelung im Kindschaftsrecht zu finden. Im Detail wünsche sie sich aber noch Klärung, beispielsweise bei der Frage, was die verlangte Befähigung eines religiösen Beschneiders ausmacht.

Dem Vernehmen nach könnte das Papier nach der Abstimmung noch im Oktober dem Kabinett als Gesetzentwurf vorgelegt und anschließend im Bundestag debattiert werden. (mit epd)

Reaktionen

Freund und Bruder Franziskus – Juden verabschieden sich vom Papst

Mit Wärme und Respekt würdigen Vertreter der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland und weltweit den Papst. Nicht immer war das Verhältnis von katholischer Kirche und Judentum aber einfach, etwa nach dem 7. Oktober 2023

von Leticia Witte  21.04.2025

Reaktionen

»Mit Papst Franziskus ist ein Freund der jüdischen Gemeinschaft von uns gegangen«

Der Zentralrat der Juden würdigt Papst Franziskus, der am Montag im Alter von 88 Jahren gestorben ist

 21.04.2025

Nachruf

Förderer des katholisch-jüdischen Dialogs, aber auch harter Kritiker Israels

Papst Franziskus ist am Montag im Alter von 88 Jahren gestorben. Sein langjähriger Gesprächspartner, Rabbiner Jehoschua Ahrens, nimmt Abschied

von Rabbiner Jehoschua Ahrens  21.04.2025

Vatikan

Papst Franziskus ist tot

Das Oberhaupt der katholischen Kirche starb einen Tag nach dem Ostersegen

 21.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  20.04.2025

Meinung

Wenn deutsche Ex-Diplomaten alle antiisraelischen Register ziehen

Deutschland darf nicht länger schweigen? Eine Erwiderung von Daniel Neumann auf den vielsagenden »FAZ«-Gastbeitrag ehemaliger Botschafter

von Daniel Neumann  18.04.2025

Einspruch

Niemals vergessen!

Eva Umlauf will nicht hinnehmen, dass immer mehr Deutsche einen Schlussstrich unter die NS-Zeit ziehen möchten

von Eva Umlauf  18.04.2025

Essay

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025