Amsterdam

Drei Vermisste und zehn Verletzte nach »Pogrom« gegen israelische Fußballfans

Anhänger von Maccabi Tel Aviv und Ajax vor dem Spiel in Amsterdam Foto: picture alliance / ANP

Nach einem Fußballspiel zwischen Maccabi Tel Aviv und Ajax Amsterdam in der niederländischen Hauptstadt sind zahlreiche israelische Fans von Antisemiten gejagt und angegriffen worden. Drei der Israelis wurden israelischen Medien zufolge, darunter »The Jerusalem Post«, am späten Abend vermisst, mindestens zehn verletzt.

»Wir sind aus dem Hinterhalt angegriffen worden«, berichteten Betroffene. Die Angreifer sollen während einer regelrechten Jagd auf israelische Fans »Free Palestine!« geschrien haben.

Israelischen Medienberichten zufolge waren Mitarbeiter des israelischen Konsulats in Amsterdam dabei, die örtlichen Krankenhäuser nach Verletzten abzusuchen.

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IDF schickt Flugzeuge

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ordnete eine Rettung der Maccabi-Fans an, woraufhin die Streitkräfte (IDF) zwei Transportflugzeuge und zwei Maschinen mit Ärzten und medizinischem Material nach Amsterdam schickten.

Auch Fluglinien schickten Flugzeuge. Die Chefrabbiner Israels erteilten den IDF und El Al die Erlaubnis, auch am Schabbat zu fliegen, um Israelis aus Amsterdam zu retten. Am Freitag um 14:00 Uhr sollte ein erster Rettungsflug in Richtung Tel Aviv abheben.

In Netanjahus Büro war von einem »entsetzlichen, ernsten Vorfall« die Rede, den der Ministerpräsident genau beobachte. Er forderte die niederländische Regierung auf, dafür zu Sorgen, dass die Sicherheitskräfte »energisch und schnell gegen die Randalierer vorgehen«.

Am frühen Freitagmorgen sprach Netanjahu mit seinem niederländischen Amtskollegen Dick Schoof. Ihm gegenüber forderte er auch mehr Sicherheit für die jüdische Gemeinde in den Niederlanden.

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Fan seit mehr als Stunden vermisst

Premierminister Schoof erklärte auf X, er habe die Nachrichten aus Amsterdam »mit Entsetzen« verfolgt. Das Verhalten der niederländischen Hooligans sei »völlig inakzeptabel«.

Nach den Attacken reist Israels neuer Außenminister Gideon Saar kurzfristig in die Niederlande. Er wolle hochrangige Vertreter der niederländischen Regierung treffen, darunter seinen Amtskollegen, teilte das israelische Außenministerium mit. Saar werde dabei die Bedeutung des Kampfes gegen Antisemitismus betonen. Den Angaben nach wird sich der israelische Außenminister auch mit Mitgliedern der jüdischen Gemeinde vor Ort treffen.

Nach Angaben der niederländischen Behörden beruhigte sich die Lage am frühen Morgen etwas. Sowohl sie, als auch die israelische Regierung hatten die israelischen Fußballfans am Abend aufgerufen, sich in ihren Hotels in Sicherheit zu bringen. Videos zeigen aber auch, wie eine Gruppe von Männern in ein Hotel einbricht, augenscheinlich auf der Suche nach israelischen Fans.

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Einer der Vermissten ist Guy Avidor. Der 33-Jährige war aus London nach Amsterdam gereist, um das Spiel vor Ort verfolgen zu können. Seine Familie bat die Öffentlichkeit in den Niederlanden um Hilfe, nachdem er 10 Stunden lang nicht mehr erreichbar gewesen war.

Zahlreiche Festnahmen

Die Amsterdamer Polizei nahm bis zum frühen Morgen 57 Hooligans fest, denen offenbar vorgeworfen wird, an dem antisemitischen Ausschreitungen beteiligt gewesen zu sein.

Laut einem Bericht der israelischen Zeitung »Maariv« kam es zu einer versuchten Entführung eines israelischen Fans. Videos in sozialen Medien zeigten, wie die Opfer der Übergriffe geschlagen wurden. Einige von ihnen sollen mit Messern angegriffen worden sein. Eine bewusstlos am Boden liegende Person wurde von Angreifern getreten.

Viele der bedrohten Israelis versuchten, sich weiteren Medienberichten zufolge, in Geschäften und anderen Gebäuden in Sicherheit zu bringen. Andere sprangen zu ihrem Schutz in Kanäle. Auch das Konsulat war daran beteiligt, israelische Fußballfans an sichere Orte zu bringen.

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Offizielle Warnung

Unterdessen veröffentlichte der Nationale Sicherheitsrat Israels eine offizielle Warnung an Israelis und Juden in den Niederlanden. Darin hieß es: »Vermeiden Sie Bewegungen auf der Straße und schließen Sie sich in Hotelzimmern ein. Die Verwendung von israelischen und jüdischen Symbolen muss vermieden werden.«

Am Vormittag veröffentlichten der Oberabbiner der Niederlande, Binyomin Jacobs, die Präsidentin der jüdischen Dachorganisation IPOR, Ellen van Praagh, und Rabbiner Menachem Margolin von der European Jewish Association eine Erklärung . »Wacht auf! Ein Krebsgeschwür des Judenhasses plagt den Kontinent!«, heißt es darin.

Von heute an könne es beim Thema Judenhass kein »Weiter so« mehr geben. »Wir sind schockiert, aber keinesfalls überrascht.« Von 2ekelhaften Szenen« in Amsterdam ist in der Erklärung die Rede. Nicht Hooligans seien für die Angriffe verantwortlich. Vielmehr sei Judenhass das einzige Motiv der Täter gewesen.

Proaktives Vorgehen

Die Unterzeichner begrüßten die Verurteilung der Angriffe durch die Regierung in Rotterdam, forderten aber ein proaktives Vorgehen deren Vertreter gegen den Antisemitismus in den Niederlanden.

Ruben Vis, Geschäftsführer der Nederlands Israëlitisch Kerkgenootschap, dem niederländischen Verband aschkenasischer Gemeinden, sagte der Jüdischen Allgemeinen: »Wir haben gestern an die Pogromnacht von 1938 erinnert und strengere Maßnahmen zum Schutz von Jüdinnen und Juden  gefordert – und in der selben Nacht passiert so etwas. Das ist sehr verstörend.«

Im Vorfeld gewarnt

Am frühen Nachmittag wurde derweil bekannt, dass niederländische Sicherheitskräfte vor den Attacken auf Israelis gewarnt wurden. Israels Diaspora-Ministerium habe vorab über Pläne Bescheid gewusst, einen bestimmten israelischen Fan zu verletzen, der für den israelischen Grenzschutz arbeiten soll, meldeten israelische Medien.

Gleiches gelte für einen geplanten Angriff auf ein Hotel, in dem israelische Fußballanhänger übernachtet haben. Die niederländischen Behörden seien auch darüber informiert worden.

Zudem rechnete das Diaspora-Ministerium den Berichten zufolge auch mit einem gewalttätigen Protest vor Beginn des Fußballspiels vor der Johan-Cruijff-Arena, den die Stadtverwaltung eigentlich verboten hatte. Auch diese Erkenntnis sei mit den Niederlanden geteilt worden. (mit dpa)

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