Meinung

Doppelpass mit halber Wirkung

Wer kennt es nicht: Irgend etwas geht gewaltig schief, die maximale Lösung wird gefordert, am Ende ist man mit jedem kleinen Schritt zufrieden – und das, obwohl das eigentliche Problem noch ungelöst ist. So auch derzeit beim Thema »doppelte Staatsangehörigkeit«. Von Anfang an hat die SPD die generelle Zulässigkeit der doppelten Staatsbürgerschaft gefordert und musste sich in den Koalitionsverhandlungen auf die Forderung beschränken, den Optionszwang abzuschaffen. Und daraus wurde nur etwas für in Deutschland Geborene und Aufgewachsene(!), die mindestens acht Jahre hier leben, statt der von der CDU/CSU geforderten zwölf.

zuwanderer Der für junge Menschen entwürdigende Optionszwang ist zwar faktisch entfallen, aber von der doppelten Staatsangehörigkeit profitieren weiterhin diejenigen nicht, die in erster Generation zugewandert sind. Dabei sind es genau diese Zuwanderer mit eigenen bewegten Migrationsschicksalen, die einerseits besonders auf die Einbürgerung angewiesen sind, um in diesem Land endlich anzukommen. Andererseits hadern gerade sie aus vielerlei Gründen mit der Abgabe ihres alten Passes.

Die Medien feiern den »Durchbruch« vor allem für türkische Zuwanderer, obwohl die Regelung nur deren Kindern und Enkelkindern etwas nützt. Doch so werden nicht nur die einzelnen Zuwanderergruppen gespalten, sondern auch die jeweiligen Familien.

deutsch Während ein Gros der Menschen mit türkischem Migrationshintergrund beide Pässe behalten kann, werden jüdische Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion von der Regelung nicht profitieren. Und was passiert innerhalb der Familien? Entweder verzichten die Eltern auf die Einbürgerung und bleiben bis auf Weiteres Ausländer mit eingebürgerten deutschen Kindern. Oder sie lassen sich einbürgern, werden »vollständig« deutsch, während ihre Kinder, die möglicherweise nie im Herkunftsland waren, die Staatsangehörigkeit dieser Länder tragen dürfen.

Dieses sonderbare Modell gibt es nur, weil die Komplexität der Migrationserfahrung vielerorts nicht einmal ansatzweise verstanden wird. Lieber wird dann ein »Loyalitätskonflikt« herbeigeredet. Die jetzige Regelung zum Optionszwang tut nur so, also helfe sie Zuwanderern – das ist Symbolpolitik, die an den Menschen vorbeigeht. Aber Schicksale und Identitäten lassen sich nicht in Modelle und Optionen zwängen.

Der Autor ist Rechtsanwalt und gehört zum Bundesvorstand des Arbeitskreises Jüdischer Sozialdemokraten.

Frankfurt am Main/Darmstadt

Israelfeindliche Propaganda verbreitet: Razzia gegen Verein

»Mit den Durchsuchungen unterstreichen wir, dass Antisemitismus in Hessen keinen Platz hat«, sagt Hessens Innenminister Poseck (CDU)

 22.01.2025

Berlin

Friedman beklagt Erinnerungskultur in Deutschland

Der Publizist lobt Bemühungen um das Holocaust-Gedenken. Er prangert aber auch eine Täter-Opfer-Umkehr von Millionen Menschen an

 22.01.2025

Davos

Herzog fordert weltweite Anstrengungen gegen Terror

Israels Präsident hofft auf Chancen durch die Veränderungen etwa in Syrien. Gleichzeitig warnt er in Davos vor dem Iran

 22.01.2025

Berlin

Merkel diskutiert mit Schülern über NS-Täter

Verbrechen und Verantwortung: Ex-Kanzlerin Merkel schaut gemeinsam mit Schülern eine Doku über junge Männer, die zu NS-Tätern wurden. Die Jugendlichen im Saal nimmt sie in die Pflicht

 22.01.2025

Meinung

Trump und Israel: Eine unbequeme Wahrheit

Der designierte 47. US-Präsident hat noch vor Amtsantritt mit seiner Nahostpolitik der maximalen Abschreckung und Härte mehr in Israel und Gaza erreicht als die Biden-Administration und die Europäer in den vergangenen 13 Monaten

von Philipp Peyman Engel  21.01.2025 Aktualisiert

Debatte

Scholz äußert sich zu Musks umstrittener Geste

Elon Musks Hitlergruß-ähnliche Geste bei einer Rede zu Trumps Amtseinführung sorgt für Irritationen. Auch beim Weltwirtschaftsforum in Davos ist sie Thema. Der Kanzler reagiert

 21.01.2025

Meinung

Wenn Freunde peinlich werden

Das Auswärtige Amt hat einem deutsch-israelischen Stand bei der Frankfurter Buchmesse eine Absage erteilt. Ein Armutszeugnis für Außenministerin Baerbock, findet unsere Redakteurin Ayala Goldmann

von Ayala Goldmann  21.01.2025 Aktualisiert

27. Januar

»Als ob es gestern wäre«: 80 Jahre nach Auschwitz

Das Grauen des Holocaust wirklich zu verstehen, fällt heute schwer. Aber wegsehen ist keine Option, findet nicht nur die Überlebende Margot Friedländer

 21.01.2025

Washington D.C./Berlin

Trump stoppt UNRWA-Finanzierung

Die USA waren der größte Beitragszahler der UNO-Unterorganisation. Dies gilt vorerst nicht mehr

von Imanuel Marcus  21.01.2025