Die documenta-Generaldirektorin Sabine Schormann hat wegen der Antisemitismus-Skandale auf der documenta eine systematische Untersuchung der Kunstausstellung auf »weitere kritische Werke« angekündigt.
»Es ist möglich, dass dafür einzelne Ausstellungsteile kurzzeitig geschlossen werden«, teilte sie am Donnerstag mit. »Eindeutig antisemitische Darstellungen werden deinstalliert, bei strittigen Positionen eine angemessene Debatte geführt.«
»Dabei wird auch ruangrupa seiner kuratorischen Aufgabe gerecht werden müssen«, sagte sie in einem Interview der »Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen« (HNA, Donnerstag). Das indonesische Kollektiv ruangrupa kuratiert die documenta fifteen. Unterstützt werde sie nun von anerkannten Experten wie Meron Mendel von der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt.
Schormann bestritt ein Versäumnis: »Ich bin nicht für das künstlerische Programm zuständig, sondern dafür, dem künstlerischen Team den technischen Freiraum für die Umsetzung zu geben«, sagte sie.
expertengremium »Es ist nicht Aufgabe der Geschäftsführung, alle Werke vorab in Augenschein zu nehmen und freizugeben«, so Schormann. »Das würde dem Sinn der documenta widersprechen.« Es könne daher auch nicht sein, die Kunst beispielsweise einem Expertengremium im Vorfeld zur Freigabe vorzulegen. Dies sei eine Kernaufgabe der Künstlerischen Leitung.
Ein als antisemitisch eingestuftes Kunstwerk des indonesischen Kollektivs Taring Padi war nach wenigen Tagen auf der documenta abgebaut worden. Schormann kündigte in dem Interview eine Gesprächsreihe zu dem Thema an.
Außerdem solle es einen »Begegnungsstand« am Friedrichsplatz in Kassel geben – mit der Bildungsstätte Anne Frank und anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren. Am Friedrichsplatz war das Werk aufgestellt, bevor es verhüllt und am Dienstag schließlich abgebaut wurde.
rücktrittsforderungen Trotz zahlreicher Rücktrittsforderungen hält Schormann weiterhin an ihrem Amt fest. »Ich nehme meine Aufgabe, wie sie mir gestellt wurde, verantwortungsvoll wahr und glaube nach wie vor an diese documenta«, sagte Schormann am Donnerstag in Kassel. Letztlich liege die Entscheidung aber in der Hand der zuständigen Verantwortlichen und Gremien.
»In einer solchen Situation ist nichts auszuschließen«, sagte Schormann. Zunächst müsse es aber darum gehen, die Vorgänge aufzuarbeiten und »das Schiff wieder auf Kurs zu bringen«, betonte sie. »Und bei schwerer See geht ein Kapitän nicht von Bord. So sehe ich an diesem Punkt auch meine Rolle, ich bin für die Organisation der Ausstellung verantwortlich und habe weitere Maßnahmen eingeleitet.« dpa/epd