München

Diskussion um Neuauflage von »Mein Kampf«

Eine Neuauflage von Hitlers Schmähschrift »Mein Kampf« ist nach wie vor umstritten. Foto: dpa

Politiker und Wissenschaftler haben die Pläne zur Herausgabe einer historisch-kritischen Edition von Adolf Hitlers Mein Kampf verteidigt. Seit mehreren Jahren schon arbeitet das Institut für Zeitgeschichte (IfZ) in München an einer kommentierten, kritischen Ausgabe. Der bayerische Landtag will die Staatsregierung am Donnerstag mit einem Antrag dazu auffordern, die vom Institut begonnene Arbeit voranzutreiben. Josef Schuster, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern und Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, hält das Vorhaben des Instituts für Zeitgeschichte indes nur für »die zweitbeste Lösung«.

Schuster lehnt eine Neuauflage tendenziell ab. Der Freistaat habe eine Neuauflage bisher stets mit dem Verweis auf sein bis zum Jahr 2015 geltendes Urheberrecht abgelehnt. Angesichts des Inhalts stelle sich darüber hinaus die Frage, ob man eine Neuauflage »nicht vielleicht auch aus strafrechtlichen Gründen verbieten kann«. Sollte dies juristisch nicht möglich sein, »ist eine historisch-kritische Ausgabe ein Muss«, sagte er. Er befürchte, dass Auszüge »von Rechtsextremen für ihre Zwecke« missbraucht werden. Da Antisemitismus nach wie vor weit verbreitet sei, halte er die Schmähschrift »für immer noch gefährlich«.

Institut für Zeitgeschichte
Für den Projektleiter des Instituts für Zeitgeschichte, Christian Hartmann, gehen diese Befürchtungen und Kritik an der Realität vorbei. Einerseits sei dieses Buch in vielen Ländern der Welt frei verfügbar, andererseits könne es jeder im Internet lesen. Dass nun gerade eine historisch-kritische Edition wieder infrage gestellt werde, sei sonderbar. »Solche Kritik nimmt nicht zur Kenntnis, dass wir am IfZ eine ausgefeilte, differenzierte Forschung betreiben«, betonte Hartmann. Das Institut für Zeitgeschichte habe in den vergangenen Jahren bereits etliche kritische Editionen von Texten hochrangiger Nazis, wie beispielsweise Rudolf Höß, Joseph Goebbels oder auch Hitler publiziert.

Auch die Idee, das Buch strafrechtlich verbieten zu wollen, sei »aus der Perspektive der Opfer und ihrer Nachfahren verständlich«, rein juristisch aber nicht haltbar. »Man muss in diesem Zusammenhang einmal deutlich sagen: Das Buch ist auch in Deutschland nicht verboten«, so Hartmann. Es sei bislang nur nicht in Deutschland verfügbar, weil das bayerische Finanzministerium als Halter der Urheberrechte alle Nachdruckgesuche abgelehnt habe. Dies sei nach Ablauf der Urheberrechte Ende 2015 nicht mehr möglich. Mit der IfZ-Edition soll ein »politisch-ökonomischer Missbrauch« durch Verleger und Rechtsradikale verhindert werden.

Runder Tisch
Diesen Auftrag hat das Institut für Zeitgeschichte bereits seit Jahren. Zuletzt hatte Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) im April des vergangenen Jahres nach der ersten Sitzung eines eigens für den Umgang mit Mein Kampf einberufenen Runden Tisches finanzielle Unterstützung für das Projekt zugesagt. Bei dem Institut arbeitet man mit Hochdruck an der Ausgabe, das ganze Projekt sei aber nun einmal zeitaufwendig und nicht einfach. Den anvisierten Erscheinungstermin vor Ablauf der Urheberrechte Ende 2015 werde man nach aktuellem Bearbeitungsstand aber einhalten können, sofern es von außen keine weitere Verzögerung gebe.

Bundeswehr

Kamerad Rabbiner

Seit 2021 sind jüdische Seelsorger großflächig im Einsatz. Der Bedarf ist enorm, die Lage angespannt. Unterwegs mit den Militärrabbinern Oleg Portnoy und Nils Ederberg

von Helmut Kuhn  26.12.2024

Anschlag von Magdeburg

»Radikalisierung mit Extremismusbezügen nach rechts«

Thüringer Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer verortet Tatverdächtigen im rechtsextremen Spektrum

 24.12.2024

Berlin-Schöneberg

Chanukka-Leuchter umgestoßen

Polizei: Zwei Arme der Chanukkia am Bayerischen Platz beschädigt – der Staatsschutz ermittelt

 24.12.2024

Taleb A.

Was über den Attentäter von Magdeburg bekannt ist

Er galt den Behörden nicht als Islamist, präsentierte sich als scharfer Islamkritiker, kämpfte für Frauenrechte und arbeitete als Arzt. Aber es gab auch eine andere Seite

 23.12.2024

Polen

Staatssekretär: »Würden Netanjahu bei Teilnahme an Auschwitz-Gedenkfeier verhaften«

Eine Auschwitz-Überlebende bringt wegen der polnischen Haltung einen Boykott der Gedenkfeier ins Spiel

 23.12.2024

Umfrage

Vertrauen in den Zentralrat der Juden vergleichsweise hoch

Laut einer Forsa-Umfrage ist das Vertrauen in den Zentralrat der Juden in Deutschland in der Gesellschaft höher als das in die Kirchen

 23.12.2024

Extremismus

Terrorexperte Peter Neumann fordert neue Täter-Kategorie

Nach dem Anschlag von Magdeburg: In Deutschland werde über Terroristen in allzu starren Kategorien gedacht

 23.12.2024

Gastkommentar

Antisemitismus: Lücken im Strafrecht schließen!

Im Kampf gegen Judenhass darf es nicht bei rechtlich unverbindlichen Appellen bleiben

von Volker Beck  23.12.2024

Brandenburg

Bürgermeister Arne Raue: Wechsel zur AfD vollzogen

Damit gibt es einen weiteren hauptamtlichen Bürgermeister der Rechtsaußen-Partei in Deutschland

 23.12.2024