Buber-Rosenzweig-Medaille

»Dinge beim Namen nennen«

Peter Maffay Foto: dpa

Buber-Rosenzweig-Medaille

»Dinge beim Namen nennen«

Peter Maffay über Extremismus, verspieltes Vertrauen und die »Woche der Brüderlichkeit«

von Detlef David Kauschke  05.03.2018 20:26 Uhr

Herr Maffay, Sie werden am Sonntag zur Eröffnung der diesjährigen »Woche der Brüderlichkeit« mit der Buber-Rosenzweig-Medaille ausgezeichnet. Was bedeutet Ihnen diese Ehrung?
Als ich las, welch große Persönlichkeiten diese hohe Auszeichnung bereits erhalten haben, habe ich einen Moment lang daran gezweifelt, dass der Brief richtig adressiert ist. Das sind Menschen, die beinahe ihr ganzes Leben ihrem Land, ihrem Glauben oder der Weltgemeinschaft gewidmet haben. Eine Ehrung wie diese ist stets das Resultat aus dem gemeinsamen Wirken vieler Menschen, Mitstreiter, Partner und Weggefährten. Deshalb nehme ich diese ehrenvolle Auszeichnung gerne stellvertretend für unser ganzes Team entgegen.

Sie werden für Ihr Eintreten gegen antisemitische und rassistische Tendenzen ausgezeichnet. Was ist die Motivation Ihres Engagements?
Immer, wenn im gesellschaftlichen und politischen Leben Differenzen oder Defizite gravierender Art auftreten, ist es wichtig, dass es Leute gibt, die die Funktion von Ausrufezeichen oder Leuchttürmen übernehmen. Es wird nur etwas passieren, wenn Aufklärungsarbeit geleistet wird und wenn genügend Menschen da sind, die die Dinge beim Namen nennen. Künstler – ob nun Musiker, Maler, Bildhauer, Dichter –, aber auch Journalisten und alle, die Inhalte multiplizieren, sind aufgefordert, sich zu positionieren.

Rechtspopulisten haben dennoch immer mehr Zulauf. Was läuft schief?
Nicht allein der Rechtsextremismus muss uns Sorge bereiten, sondern Extremismus und Fanatismus jeder Couleur, sei er politisch oder religiös motiviert. Wir haben unseren gesellschaftlichen Konsens verloren, den gemeinsamen Wertekanon. Politiker und Parteien sowie Teile der Wirtschaft haben in jüngster Zeit viel Vertrauen verspielt, ebenso manche Sportfunktionäre und einige Kirchenvertreter. Die Menschen haben das Gefühl, dass der Eigennutz im Vordergrund steht und nicht das Gemeinwohl.

Das Thema der Woche der Brüderlichkeit lautet »Angst überwinden – Brücken bauen«. Wie verstehen Sie das Motto?
Es geht nicht mehr nur um den Dialog von Christen und Juden, sondern um das respektvolle, friedliche Miteinander aller Religionen und Glaubensgemeinschaften, aller Nationalitäten und Menschen jeder Hautfarbe. Um das zu erreichen, gibt es aus meiner Sicht keine Alternative zum Grundsatz: Auf gleicher Augenhöhe! Wenn man möchte, dass aus Gegnern Partner werden, wird es anders nicht gehen. Dazu braucht es immer einen, der den Mut hat, den ersten Schritt zu tun. So wie es Juden und Christen in Deutschland getan haben. Deren Zusammenarbeit, wie sie sich in der Woche der Brüderlichkeit manifestiert, ist wegweisend und beispielgebend. Ich wünsche mir, dass wir von diesem Geist etwas in alle Bereiche der Gesellschaft tragen können.

Das Interview mit dem Musiker führte Detlef David Kauschke.

Meinung

Wenn deutsche Ex-Diplomaten alle antiisraelischen Register ziehen

Deutschland darf nicht länger schweigen? Eine Erwiderung von Daniel Neumann auf den vielsagenden »FAZ«-Gastbeitrag ehemaliger Botschafter

von Daniel Neumann  18.04.2025

Einspruch

Niemals vergessen!

Eva Umlauf will nicht hinnehmen, dass immer mehr Deutsche einen Schlussstrich unter die NS-Zeit ziehen möchten

von Eva Umlauf  18.04.2025

Meinung

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025

Berlin

Drei Jahre Haft für Mustafa A.

Der Prozess gegen den Angreifer von Lahav Shapira ist am Donnerstag zu Ende gegangen. Das Amtsgericht Tiergarten ging von einem antisemitischen Motiv aus und sprach den Täter der gefährlichen Körperverletzung schuldig

 17.04.2025

Berlin

100 Strafverfahren nach Besetzung der Humboldt-Universität

Die Polizei ermittelt unter anderem wegen Hausfriedensbruch und Volksverhetzung. Während der Besetzung sollen Aktivisten mutmaßlich Urin aus einem Fenster geschüttet haben

 17.04.2025

Analyse

Kleinster gemeinsamer Nenner

Im Koalitionsvertrag von Union und SPD steht kaum Konkretes über Israel und den Kampf gegen Antisemitismus

von Michael Thaidigsmann  17.04.2025

Berlin

Weitere Zeugenvernehmungen im Prozess gegen Angreifer auf Lahav Shapira

Der Prozess gegen Mustafa A. am Amtsgericht Tiergarten geht weiter. Noch ist unklar, ob am heutigen Donnerstag das Urteil bereits gefällt wird

 17.04.2025

Sebnitz

»Keine Hakennasen«: Jobanzeige eines Dachdeckers sorgt für Empörung

Die Stadtverwaltung der sächsischen Kreisstadt hat gegen den Urheber einer Anzeige im Amtsblatt Strafantrag gestellt

 17.04.2025 Aktualisiert