Meinung

Die zwei Deutungen des Gelben Sterns

Marina Chernivsky Foto: Pierre Kamin

In der Herbstkollektion 2017 präsentierte das italienische Luxuslabel Miu Miu Kleidungsstücke mit einem gelben fünfzackigen Stern. Die Applikation weist trotz ihrer fünf Zacken nicht zu übersehende Ähnlichkeiten mit dem sechszackigen Zwangsabzeichen auf, das als Symbol der Entrechtung und Verfolgungspolitik im Nationalsozialismus bekannt ist.

Nach Kritik einer Bloggerin namens »Jewish Chick« entschuldigte sich Miu Miu und nahm die Mode aus dem Sortiment. Ein politisches Statement sei nicht beabsichtigt gewesen, hieß es, man sei dankbar, darauf aufmerksam gemacht worden zu sein.

narrativ Das sind nicht die ersten Kleidungsstücke, die mit NS-Symbolik provozieren. Es sind aber die altbekannten Assoziationsketten, die uns mit Fragen oder auch Dilemmata heimsuchen. Das kollektive historische Wissen schafft – in der Theorie – ein gemeinsames Narrativ der Post-Holocaust-Gesellschaft. Dennoch ist es die Frage der Perspektive. Die Erinnerung an die Zeit des Nationalsozialismus ist nämlich nicht geteilt, sondern gespalten.

Der Gelbe Stern evoziert bei Überlebenden und ihren Nachkommen offenbar andere Verbindungen als bei Angehörigen der nicht-jüdischen Mehrheit. Bei einigen scheint das Symbol sogar keine geschichtlichen Assoziationen hervorzurufen. Der jüdische Musiker Billy Joel hat just zur selben Zeit das Zeichen zum politischen Protest getragen. Im Unterschied zu Mit Miu war dies jedoch eine bewusst eingesetzte Inszenierung.

Die Gedächtnisse der damals Verfolgten unterscheiden sich von jenen, die nicht verfolgt wurden. Der Stern mit dem Wort Jude darin ist nicht nur ein historisches Zeichen, sondern eine Gefühlserbschaft, die zwischen Generationen liegt und bis heute ihre Wirkung entfaltet. Die Vergangenheit darf immer noch Ansprüche an uns stellen, die wir nicht einfach so übergehen können. Insbesondere dann nicht, wenn dieses Symbol der Entrechtung in einschlägigen Medien unreflektiert als »Judenstern« bezeichnet wird.

Die Autorin leitet das Kompetenzzentrum für Prävention und Empowerment der ZWST.

Meinung

Ein Bumerang für Karim Khan

Die Frage der Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshof für Israel muss erneut geprüft werden. Schon jetzt ist klar: Der Ruf des Gerichts und seines Chefanklägers wird leiden

von Wolf J. Reuter  25.04.2025

Meinung

Die UN, der Holocaust und die Palästinenser

Bei den Vereinten Nationen wird die Erinnerung an den Holocaust mit der »Palästina-Frage« verbunden. Das ist obszön, findet unser Autor

von Jacques Abramowicz  25.04.2025

80 Jahre nach Kriegsende

»Manche Schüler sind kaum noch für uns erreichbar«

Zeitzeugen sterben, der Antisemitismus nimmt zu: Der Geschichtsunterricht steht vor einer Zerreißprobe. Der Vorsitzende des Verbands der Geschichtslehrerinnen und -lehrer erklärt, warum Aufgeben jedoch keine Option ist

von Hannah Schmitz  25.04.2025

Washington D.C.

Trump beschimpft Harvard als »antisemitische, linksextreme Institution«

Der US-Präsident geht vehement gegen Universitäten vor, die er als linksliberal und woke betrachtet. Harvard kritisiert er dabei besonders heftig

 25.04.2025

Berlin/Jerusalem

Herzog kommt in die Bundesrepublik, Steinmeier besucht Israel

Der Doppelbesuch markiert das 60-jährige Jubiläum der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen den beiden Ländern

 25.04.2025

«Nie wieder»

Dachauer Gedenkstättenleiterin warnt vor ritualisierten Formeln

Die KZ-Gedenkstätte Dachau erinnert am 4. Mai mit einer großen Feier mit 1.800 Gästen an die Befreiung des ältesten Konzentrationslagers durch amerikanische Truppen am 29. April 1945

von Susanne Schröder  25.04.2025

Geschichte

Bundesarchiv-Chef warnt vor dem Zerfall historischer Akten

Hollmann forderte die künftige Bundesregierung auf, einen Erweiterungsbau zu finanzieren

 25.04.2025

Israel

Regierung kondoliert nach Tod des Papstes nun doch

Jerusalem löschte Berichten zufolge eine Beileidsbekundung nach dem Tod des Papstes. Nun gibt es eine neue

 25.04.2025

Berlin/Grünheide

Senatorin verteidigt ihre »Nazi«-Äußerung zu Tesla

Berlins Arbeitssenatorin spricht im Zusammenhang mit der Marke von »Nazi-Autos«. Daraufhin gibt es deutliche Kritik. Die SPD-Politikerin reagiert

 25.04.2025