Im Vorfeld des fünften Jahrestages des antisemitischen und rassistischen Terroranschlags in Halle (Saale) wurde ich in einem Radio-Interview gefragt, warum die Tür, die damals meine Gemeindemitglieder vor der Auslöschung rettete, heute als Mahnmal auf dem Gelände der Synagoge steht. Damit fehle die Zugänglichkeit für die Öffentlichkeit, so die Kritik.
Die Antwort fiel mir leicht. Da, wo wir lebende Jüdinnen und Juden uns in der Öffentlichkeit nicht erkennbar machen, suchen sich die Täter »jüdische« Objekte, wie Friedhöfe, Gedenktafeln und eben auch Stolpersteine, um ihren gewalttätigen Antisemitismus auszuleben. Keine Woche später und in der Stadt Zeitz, unweit von Halle, wurden alle Stolpersteine aus dem Boden gerissen und entwendet. Zeitz liegt im Burgenlandkreis. Ein Landstrich ohne jüdische Gemeinde oder irgendeine andere Form jüdischer Strukturen. Aber Stolpersteine gab es.
Mit ein paar Tagen Verzögerung erreicht diese widerliche Tat bundesweite Aufmerksamkeit. Zuletzt kursierten Bilder gewaltbereiter Rechtsextremer aus Zeitz, die versuchten, den dortigen CSD am 31. August 2024 zu stören. Nun diese Meldung zu den gestohlenen Stolpersteinen, und ich muss ganz ehrlich sagen, dass sie rund um den 7. Oktober und den 9. Oktober in mir wenig auslöste. Denn ich habe mich im Vorfeld dieser zwei traurigen Jahrestage emotional abgeschirmt, beziehungsweise sprichwörtlich stumpf geschliffen, um die erwartbaren erneuten antisemitischen Vorfälle nicht an mich heranzulassen.
Doch mich überraschte in positiver Art die entschlossene Reaktion des Landrats vom Burgenlandkreis, Götz Ulrich (CDU): »Diese Tat ist unverzeihlich und niemals zu entschuldigen. Wer dies tut, will auch den Holocaust aus unserer Erinnerungskultur herausreißen. Das größte Menschheitsverbrechen aller Zeiten muss uns immer Mahnung bleiben, wozu Menschen fähig sind und wozu Deutsche fähig waren. Die Steine müssen sofort ersetzt werden. Hierzu werden finanzielle Mittel benötigt. Ich rufe daher auf, für neue Steine zu spenden.« (Pressemitteilung des Landkreises)
Hier ist jemand nicht direkt betroffen, aber klar solidarisch. Hier findet jemand nicht nur die richtigen Worte, sondern präsentiert zugleich eine überparteiliche Spendenaktion, um dem Ansinnen dieser Tat entgegenzuwirken. Gerade in diesen Tagen, an denen es an schönen Worten aus der Politik nicht mangelt, ist dies ein Lichtblick in sehr dunkler Umgebung, den sich viele Menschen zum Beispiel nehmen sollten.