Für das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen für die Palästinenser, kurz UNRWA, scheint die Luft dünner zu werden. Zuerst drehten dieses Jahr die Vereinigten Staaten – mit zuletzt 364 Millionen Dollar im Jahr 2017 immerhin der größte Unterstützer – den Geldhahn zu.
Man habe kein Interesse mehr daran, ein Geschäftsmodell künstlich am Leben zu erhalten, das nicht nur »hoffnungslos fehlerhaft« sei, sondern mit dazu beitrage, die Zahl der von der Weltgemeinschaft alimentierten Personen »endlos und exponentiell anwachsen« zu lassen, so das State Department. Zudem zementiere die UNRWA die Lage nur und sei auch sonst wenig hilfreich bei der Suche nach einer Friedenslösung.
unterstützung Ganz offensichtlich ist Washington mit dieser Einschätzung nicht allein. Erst im Mai noch hatte beispielsweise der Schweizer Außenminister Ignazio Cassis erklärt, dass die UNRWA Mitverantwortung dafür trage, dass die Palästinenser in Jordanien oder dem Libanon nicht wirklich integriert würden. »Indem wir die UNRWA unterstützen, erhalten wir den Konflikt am Leben. Es ist eine perverse Logik.« Trotzdem zahlt Bern weiter – noch.
Die Entscheidung der Amerikaner kam für die UNRWA zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt. Schließlich hatte man noch Schulden aus dem Vorjahr, weshalb sich plötzlich ein Finanzloch von 440 Millionen Dollar auftat, wie Pierre Krähenbühl, Generalsekretär des UN-Flüchtlingshilfswerks, vor wenigen Tagen in Berlin erklärte. Mehr als 100 lokalen Mitarbeitern in Gaza habe man deshalb kündigen müssen, was bereits zu heftigen Protesten geführt hatte. So wurde Matthias Schmale, UNRWA-Direktor für Gaza, bedroht, und zehn seiner ausländischen Mitarbeiter mussten schnellstens nach Israel in Sicherheit gebracht werden.
Dass aktuell nur ein Minus von 64 Millionen Dollar besteht, liegt vor allem an der Bereitschaft der Europäer und Kanadier, ihre Hilfsgelder aufzustocken. Ottawa machte noch einmal knapp 40 Millionen Dollar locker. Auch Deutschland sprang in die Bresche. Zu den in diesem Jahr bereits überwiesenen rund 94 Millionen Dollar wird Berlin noch eine Schippe drauflegen. Konkrete Summen wurden aber bisher nicht genannt. Schließlich sei das UN-Flüchtlingshilfswerk nach den Worten von Außenminister Heiko Maas ein »Schlüsselfaktor für die Stabilität«, seine drohende Handlungsunfähigkeit könnte »eine nicht kontrollierbare Kettenreaktion auslösen«.
ressourcen All das wirft die Frage auf, ob in Gaza oder einem der sogenannten Flüchtlingscamps in Jordanien oder im Libanon wirklich die Lichter ausgehen, wenn die UNRWA morgen ihre Arbeit einstellen würde. Wohl eher nicht, lautet das Urteil von »The Washington Institute For Near East Policy«, einem Thinktank, der sich mit Fragen zur Politik in der Region beschäftigt. Denn von den rund 1,1 Milliarden Dollar, die als Etat zur Verfügung stehen, werden gerade einmal neun Prozent für Nahrungsmittelhilfen verwendet.
»Die UNRWA hat also ausreichend Ressourcen, um auch ohne die US-Mittel diese wesentliche Unterstützung zu leisten«, heißt es in dem Fazit. Auch kommen nur vier Prozent der Infrastruktur zugute, während 17 Prozent in die Gesundheitsfürsorge fließen. Mit 54 Prozent aber ist das Erziehungswesen der größte Posten. Laut UNRWA betreibt man 711 Schulen – 278 davon allein in Gaza –, an denen eine halbe Million Schüler unterrichtet werden. Auch sei die überwiegende Mehrheit der UNRWA-Mitarbeiter als Lehrer tätig.
Mit anderen Worten: Das UN-Flüchtlingshilfswerk ist nichts anderes als ein gigantisches Beschäftigungsprogramm für die Palästinenser. Und weil die internationale Gemeinschaft das Bildungswesen in Gaza und im Westjordanland am Laufen hält, werden so finanzielle Mittel frei, die die Hamas oder Palästinenserpräsident Mahmud Abbas für andere Dinge ausgeben können. Zum Beispiel für die Auszahlung von sogenannten Märtyrerrenten. Genau dafür machte die Autonomiebehörde im vergangenen Jahr laut einer aktuellen Untersuchung des »Mideast Freedom Forum Berlin« mehr als 291 Millionen Euro locker.
terrorverherrlichung Darüber hinaus gelten die Unterrichtsinhalte an den von der UNRWA betriebenen Schulen als höchst problematisch. Dass sie oft antisemitisch sind und Hass gegen Israel verbreiten, ist keine Neuigkeit.
»Die UNRWA verherrlicht aber auch den Terrorismus«, sagte jüngst Jerusalems Bürgermeister Nir Barkat und präsentierte eines der Lehrbücher, die an UNRWA-Schulen verwendet werden. »Hier wird Dalal Mughrabi als Heldin gefeiert, die 1978 bei einem Anschlag auf einen Bus in Herzlija 38 Zivilisten ermordet hatte.«
Genau deshalb will Barkat die sieben vom UN-Flüchtlingshilfswerk in Jerusalem betriebenen Schulen dichtmachen. »Es werden dort sowieso keine Flüchtlinge unterrichtet, sondern Bewohner unserer Stadt, die wie alle anderen auch soziale Leistungen in Anspruch nehmen können.«
Trotz der vielen negativen internationalen Reaktionen auf die Entscheidung Donald Trumps lautet denn auch das Fazit des Instituts in Washington: »Der Beschluss könnte bei UNRWA vielleicht zu tiefgreifenden Reformen führen, ohne dass die wirklich relevanten Hilfsleistungen betroffen wären.«